Das politische Beben der Sonntagsfrage
Die Forsa-Umfrage vom 22. Juli 2025 zeigt eine bemerkenswerte Verschiebung in der deutschen Politik: Erstmals liegen AfD und CDU/CSU in der Sonntagsfrage gleichauf bei 25,0 Prozent. Dieses Ergebnis wirft Fragen nach der Stabilität etablierter Parteien, der Regierungsarbeit und der zunehmenden Polarisierung auf. Und das erst kurz, nachdem die Regierung ihre Arbeit aufgenommen hat.
Manche beschreien hier schon das „Ende der Volksparteien“. Das Robin Alexander sein aktuell in den Bestsellern vertretenes Buch „Letzte Chance“ nannte, passt sich rhetorisch an die aktuelle Lage an.
Wahlkampfstrategien im Rückblick
Der Bundestagswahlkampf 2025 war kurz. Durch die vorgezogene Neuwahl mussten auch die Kampagnen kurz und knackig sein.
Die CDU setzte auf ein simples Plakatdesign mit kurzen Kernbotschaften. Freiheit, Frieden, Wohlstand, Sicherheit. Weniger Steuern versprach sie, Bürokratieabbau und wirtschaftlichen Aufschwung.
Die SPD präsentierte Olaf Scholz staatstragend und nutzte QR-Codes für digitale Kampagnen. Mindestlohn, Superabschreibungen und eine Einkommensteuerreform waren die vorherrschenden Themen.
Social Media, insbesondere Instagram und TikTok, wurden immer wichtiger. Parteien nutzten einfachere Slogans. Die Intensität negativer Botschaften und verbaler Attacken nahm immens zu.
Die ersten Wochen der neuen Regierung: Realitätscheck
Nach der Bundestagswahl bildete sich eine Große Koalition aus CDU, CSU und SPD. Friedrich Merz wurde am 14. Mai 2025 zum Bundeskanzler gewählt, seine Wahl war jedoch von Turbulenzen und knapper Mehrheit geprägt. Der Koalitionsvertrag „Verantwortung für Deutschland“ ist mit 453 Versprechen sehr ambitioniert.
Erste Maßnahmen umfassen den Haushaltsentwurf 2025 mit 503 Milliarden Euro Ausgaben und 90 Milliarden Euro Neuverschuldung, Rekordinvestitionen von 115 Milliarden Euro , ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für Infrastruktur und Klimaneutralität , Bürokratieabbau , Senkung der Stromsteuer , geordnete Migrationspolitik mit mehr Rückführungen , Reform des Bürgergelds und Rekordsummen für sozialen Wohnungsbau.
Trotz dieser Pläne ist das Echo der Bevölkerung eher verhalten. Kaum Zeichen von Aufschwung, von Neubeginn und oder Euphorie. Selbst die Ankündigung von zahlreichen Unternehmen 631 Milliarden in den nächsten Jahren in Deutschland zu investieren, brachte niemanden hinter dem Ofen hervor.
Die geleakte Strategie der AfD
Ein mutmaßlich geleakter Plan der AfD sieht vor, die Gesellschaft durch gezielte Kulturkämpfe zu polarisieren. Die Linkspartei wird dabei als nützlicher Idiot betrachtet, um das linksradikale Spektrum aufzuspalten. Ziel ist es, die „Brandmauer“ zur Union zu Fall zu bringen und die AfD als einzigen Koalitionspartner der Union zu etablieren, um nationale Macht zu erlangen.
Und für das Ziel, die Kulturkämpfe zu polarisieren, gab die Regierung mehrere Anlässe. Schon das Desaster um die Wahl zum Kanzler benötigte die Stimmen der Linken, um einen zweiten Wahlgang am selben Tag zu ermöglichen. Nun gibt es die vergeigte Richterwahl für das Bundesverfassungsgericht. Bald steht auch die Diskussion um Kürzungen beim Bürgergeld an, ist das Konfliktpotential riesig.
Vertrauen in der Politik
Das Vertrauen der Bevölkerung in die Bundesregierung und Politiker ist zwischen 2022 und 2024 signifikant gesunken. Ursachen für den Vertrauensverlust sind auch politische Skandale wie der Cum-Ex-Skandal um Olaf Scholz oder der Maskendeal um Jens Spahn.
Auch hier birgt das unwürdige Theater um geschwärzte Gutachten und nicht stattfindende Aufarbeitung in einem Untersuchungsausschuss unnötige Zielfläche für die AfD.
Fazit
Die jüngste Sonntagsfrage ist ein Warnsignal.
Der Start der neuen Regierung ist missglückt.
Es stehen im nächsten Jahr vier Landtagswahlen statt, zwei davon im Osten.
Die Sommerpause sollte genutzt werden, um mit der ruhigen Arbeitskoalition auch in der Außenwirkung anzufangen.