Wochenrückblick 44/2024

Alles, was in der Woche wichtig war, aber für keinen eigenen Beitrag reichte

28.10.2024

Kracher zum Wochenstart: Volkswagen will Stellen abbauen und 3 Werke schließen. Die einen sind sich tausend Prozent sicher, dass Habeck 2019 hellseherische Kräfte hatte, als er meinte, dass VW Probleme bekommen würde, wenn sie kein Elektroauto unter 20.000€ anbieten würde. Das gesamte Scheitern liegt nur beim Management und sowieso hat man ja Unmengen an Dividende rausgehauen. Die anderen sehen die Alleinschuld bei der Ampel-Regierung.

So sehen sie aus die Gräben der Gesellschaft, alles und wirklich alles wird zum neuen Kulturkampf genutzt.

Dass es hier viele redliche Arbeiter und Arbeiterinnen treffen wird, das sollte auch Teil der Debatte sein. Bei VW hat man gutes Geld verdient und ob und wie die Arbeitskräfte in der Region aufgefangen werden können, steht in den Sternen.

Ich erinnere mich noch gut an die Zeit, als im „Solar Valley“ nahe Leipzig die Solarindustrie starb. Da kamen auf einen Schlag viele Bewerber mit den entsprechenden Firmen im Lebenslauf.

Und dass es auch viel um China als bröckelnden Absatzmarkt und erstarkenden Konkurrent geht, verlieren einige dabei aus den Augen. Darauf kann man reagieren, auch politisch, um möglichst viele der Arbeitsplätz auf Dauer zu sichern. Schließlich ist es knapp 20 Jahre her, dass die große Krise bei Opel begann.

29.10.2024

Inflationäre Gipfelei nennen Wirtschaftsverbände die Wahlkampfkonferenzen von Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner. Man will vor allem, dass zeitnah etwas passiert. Da scheint es egal, wessen Idee nun die beste wäre. Nur geschehen soll etwas. Und die Hoffnung auf eine Wende scheint zu schwinden.

Also mir fehlt der Glaube, dass diese Koalition noch was zustande bringt.


Stefan Wolf, Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall

Die deutsche Wirtschaft hat genug von Ankündigungsweltmeisterei und politischem Show-Catchen


Christoph Ahlhaus, Bundesgeschäftsführer Mittelstandverband BVMW

30.10.2024

Die Möglichkeiten, welche künstliche Intelligenz bietet sind noch lange nicht ausgereizt. In Frankreich werden derzeit Blitzer geprüft, die zeitgleich Gurtpflicht und Handyverbot prüfen. Da läuft die Law&Order – Fraktion natürlich Amok. Recht und Gesetz sollen für alle anderen gelten, aber doch nicht für mich. Ähnliche Reaktionen bekomme ich ja auch stetig, wenn ich meine Begeisterung für Scan-Cars wie in Prag äußere, die Falsch- und Gehwegparker automatisiert erfassen können. Wenn Recht und Gesetz, dann aber für alle.

Zudem gibt es gerade das Thema Arbeitslosigkeit und Ostdeutschland. Der Grund: die sonstige Oktobererholung bleibt aus. Kann man natürlich wieder alles auf die Grünen schieben, muss man aber nicht. Oder man analysiert das ganze und findet raus, dass dort einerseits die Demografie eine gewaltiges Wörtchen mitredet.

Die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter wird in den nächsten fünfzehn Jahren um dreißig Prozent sinken. 

Steffen Müller, Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle

Und zum anderen hat sich die Wirtschaft in Ostdeutschland in den letzten erheblich Jahren gewandelt. Einerseits sind teilweise ganze Industrien verschwunden. Bergbau, Textil, Glas und Elektronik sind auf ganz anderen Ständen, als sie noch zur Zeit der Wende waren. Dafür wächst der Dienstleistungssektor und die neuen angesiedelten und anzusiedelnden Auto- und Chipfabriken setzen andere Vorkenntnisse heraus.

Es gibt ein Missmatch auf dem Arbeitsmarkt. Die offenen Stellen, die passen nicht zu den Arbeitslosen. 

Holger Schäfer, Institut der deutschen Wirtschaft

Ändert zwar alles nichts daran, dass die Lage unschön bis prekär ist. Ist aber ehrlicher, sich mit den Gründen zu beschäftigen, statt hohle Phrasen rauszudreschen.

31.10.2024

Halloween und die Horrornachricht für die Ampelregierung: immer mehr Bürger sind mit der Regierungsperformance unzufrieden(87 Prozent) und wünschen sich Neuwahlen(54 Prozent). Dabei trauen nur 23 Prozent einer unionsgeführten Regierung eine bessere Performance zu, 16 Prozent fürchten eine Verschlechterung. Die FDP enttäuscht bei Finanzpolitik (38 Prozent) mehr als die Grünen (36 Prozent), das muss man auch erstmal schaffen.

Kennt ihr diese eine Simpsons Folge, in der Bart mit dem Satz „ich hab nichts getan“ berühmt wurde und er dann von jedem aufgefordert wurde, „den Satz“ zu sagen. Nun ja, dieses Meme ist in Form der FDP lebendig geworden. Es ist die immerselbe einzige Patrone im Köcher: Steuern senken, sonst sind wir raus.
Sag den Satz Bijan!

01.11.2024

Heute ist der Tag, ab dem die Änderung des Geschlechtseintrages einfacher vorgenommen werden kann. Knapp 600 Menschen in Leipzig werden davon Gebrauch machen. Für sie ändert sich vieles. Für alle anderen nichts. Die Welt wird morgen noch stehen. Lebt damit.

Schauen wir aber mal wieder über den Tellerrand von Deutschland und Europa und in ein Land, dass bei mir schon länger das Interesse entfacht.

El Salvador, das Bitcoin-El Dorado mit dem Präsidenten Nayib Bukeke, der zu den beliebtesten in Südamerika zählt. Wie er das geschafft hat? Er hat die Bandenkriminalität bekämpft, in dem er alle Städte abriegeln ließ und mit der Armee jeden festnahm, der ein Gang-Tattoo hatte. Zum Wahlkampf, den er nur mit einem juristischen Trick eines halbjährigen „Urlaubes“ bestreiten durfte, inszenierte er sich mit dieser Aktion und fragte, ob man diese je wieder rauslassen sollte.

Spiegel TV hatte sich mal diesem Thema angenommen, da hier wohl auch sehr viele Unschuldige mit eingesperrt wurden, seht selbst, wie frei die Berichterstattung dort ist.

Auf jeden Fall stellt sich raus, dass dort immer noch Bandenmitglieder leben und nun gab es neuerliche Stadt-Lockdowns und Verhaftungen.

Und damit man stets in Übung bleibt, hilft man auch in Haiti aus, die nicht erst seit den Wahlen mit dem selben Problem der Bandenkriminalität kämpfen. Da passieren wirklich komische Sachen und vielleicht braucht es einfach etwas mehr Aufmerksamkeit um zu wissen, zu welcher Gesellschaft wir uns nicht hinentwickeln wollen.

2.11.2024

Der Weltnaturgipfel COP CBD fand zum 16. Mal statt. Bei der  UN-Artenschutzkonferenz im kolumbianischen Cali geht zu Ende mit der Erkenntnis, dass kein Geld da ist um die Biodiversität zu erhalten.

Dafür hat es immerhin zwei Wochen gebraucht.

Christian Lindner hat sein Wirtschaftswende-Papier veröffentlicht. Kann man hier alles schön nachlesen.

Machen wir es kurz, es ist nur eine Patrone im Lauf: Steuern senken. Und den Soli gleich mit. Dafür legt man sich nun mit beiden Koalitionspartnern an.

Für die Grünen wird nicht gehen der Wegfall von

  • nationalen Klimazielen
  • Flottengrenzwerten
  • Energieeffizienzziele
  • Kohleausstieg
  • KlimaTranformationsfonds
  • Heizungs-Ziele verschieben
  • EEG-Förderung
  • Klimaschutzverträge
  • Fracking-Verbot
  • Internationale Klimafinanzierung

Für die SPD wird nicht gehen der Wegfall von

  • Bürgergeld-Besitzstand
  • fester Renteneintritt
  • Tariftreuegesetz
  • Lieferkettengesetz
  • Entgelttransparenzgesetz
  • Beschäftigtendatengesetz
  • Rentenabschläge erhöhen

Also einfach mal alle brüskiert, ordentlich Staub aufgewirbelt und damit den Schreiberlingen und Podcastern ordentlich Futter gegeben über die Kompromissmöglichkeiten oder die Option der Vertrauensfrage. Sogar das Schreckgespenst Neuwahlen geistert mal wieder durch den Bundestag.

Die einzigen, die das ganz gelassen sehen können, sind die Mitglieder der CDU. Die Umfragen sehen rosig aus. Neuwahlen fordert man ja eh schon eine Weile. Alles spielt denen in die Hände. Und trotzdem, statt sich zurückzulehnen, haut Merz noch einen raus. Im Merzbrief wirft er der FDP vor, die eigenen Forderungen kopiert zu haben.

3.11.2024

Reden wir mal von Grenzkontrollen. Die wurden ja als ultimative Lösung der Migrationsproblematik installiert. Nun gibt es 2 Polizeigewerkschaften, die einen sagen das bringt ganz viel. Die anderen sagen es bringt kaum etwas und das Personal wäre woanders besser eingesetzt. Vielleicht ist es auch einfach der Fakt, dass wie in den Staaten nun anlasslos Fahrzeuge von Menschen anderen Phänotyps untersucht werden können, die den Polizisten wieder ein Gefühl der Kontrolle gibt. Wer weiß das schon. Was hingegen gewiss ist, dass die Einführung der Grenzkontrollen ein Rückfall ist, in Zeiten die schon längst vergangen schienen. Welcher junge Mensch hat dass denn die letzten 20 Jahre erlebt?

Volt(mit Piraten, PdH und anderen) hat grenzüberschreitend demonstriert, sich wieder zu besinnen, inwieweit man der europäischen Idee schadet und welche Signalwirkung es auch hat, wenn man als Leuchtturmland solche rechtlich bedenklichen Schritte geht.

Wir brauchen eine einzige, gemeinsame Antwort von ganz Europa, europäische Lösungen für europäischen Probleme, die in Zusammenarbeit beschlossen werden die sofortige und uneingeschränkte Wiederherstellung der Freizügigkeit innerhalb des Schengen-Raums für alle, auch auf dem Landweg für Bulgarien und Rumänien, die Durchsetzung der Freizügigkeit durch die EU-Institutionen

Christelle Savall, Präsidentin von JEF Europe.

Ich war leider nicht dabei, hatte Aufstellungsversammlung für die Landesliste in Sachsen. Bin auf Platz 10 der Liste gelandet. Kandidat für den Bundestag. Klingt doch schick, findet ihr nicht?

Frieden mit Schröder sorgt für Unfrieden in der SPD

Zuletzt wurde ja viel, auch von mir, über die Grünen geschrieben, nachdem es dort lautstarke Austritte gab. Dabei verläuft das bei der SPD eher unter dem Radar. Verantwortlich dafür ist dabei ist Matthias Miersch, der Nachfolger von Kevin Kühnert als Generalsekretär der SPD.

Dieser hat Gerhard Schröder begnadigt. Altkanzler Schröder, der einst als persona non grata wegen seiner russlandfreundlichen Ansichten im Ukrainekrieg galt. Also den Gerhard Schröder, der sich jüngst in Wien mit Viktor Orban an einem Tisch wiederfand, was zu einer russischen Propaganda-Show verkam, wofür das sich selbst Sahra Wagenknecht geschämt hätte. Obwohl, wahrscheinlich hätte sie das eher nicht.

Und so lautet die unausgesprochene Botschaft dieses Abends in Wien: Hätte die Welt nur früher gehört auf Schröder und Orbán, gäbe es keinen Krieg mehr in der Ukraine. Dass es vermutlich auch keine Ukraine mehr gäbe, steht auf einem anderen Blatt.


Michael Martens, FAZ

Es wirkt fast, als wäre es schon in Stein gemeißelt, dass die nächste Bundesregierung wieder eine große Koalition ist. Die Union nimmt den Rechtspopulisten die Themen Migration, Energie und Sozialstaat ab. Die SPD erntet von den Friedenspopulisten. Das kann man so machen, zeichnet aber wieder das Bild, dass Politik sich mehr vom Tagesgespräch und Umfragen leiten lässt, als von der Vision, ein modernes, zukunftsfähiges und sozial gerechtes Land zu sein.

Auf jeden Fall führte nun diese Personalie Schröder zum Austritt der Historiker Ernst Piper, Jan C. Behrends & Karl Adam. Wie gesagt, fast geräuschlos, auch wenn die Vorwürfe der Ex-Sozen wortgewaltig sind. Natürlich sind da noch einige mehr gegangen und es werden noch weitere gehen, keiner bringt das Problem aber so auf den Punkt wie Karl Adam:

Nein, der unsägliche „Friedens“-Europa-Wahlkampf dieses Jahres zeigte deutlich, wohin die Reise auch künftig (wieder) geht: Ins Gestern, ins Ungefähre, ins Halbgare, Halbseidene – dorthin, wo du von BSW und AfD gelobt wirst. Wie tief kann man sinken? Wie will man effektiv den Faschismus bekämpfen, wenn man ihm Tür und Tor öffnet?

Karl Adam

Und dann sind ja noch die Koalitionsverhandlungen und die Präambeln der Landesparlamente, die allesamt vom BSW mitgestaltet wurden und werden. Der Streit in Thüringen scheint erstmal vom Tisch, Brandenburg ist noch am ruhigsten, aber keineswegs geräuschlos. Die wohl spannendste Situation ergibt sich dazu in Sachsen, wo die Mitglieder der SPD über das Bündnis abstimmen sollen, nach dem Eklat um die (Mit-)Abstimmung des BSW zum Antrag der AFD zur Einsetzung eines Corona-Ausschusses.

Es wird nicht leichter für die SPD. Denn einerseits trägt man ja sowieso faktisch die Normalisierung der Friedenspopulisten mit, zum anderen hat man auch den Anspruch, als Volkspartei alle Stimmungen einzufangen und auszuhalten. Und man selbst hat es moralisch so aufgeladen, dass es zur Zerreisprobe wird. Das diese nun elf Monate vor den Bundestagswahlen durchgeführt wird, ist nicht das beste Timing.

Wochenrückblick 43/2024

Alles, was in der Woche wichtig war, aber für keinen eigenen Beitrag reichte

21.10.2024

Der Eklat beim Parteitag der Linken blieb aus, ein Highlight gab es dennoch. Ex-Grüne Jugend Vorstand Sarah Lee Heinrich trat auf dem Parteitag auf. Zum einen ist es einer der ersten Auftritte der abtrünnigen Gruppe nach dem Beben bei den Grünen, zum anderen war Sarah Lee so richtig „on fire“. Einen kurzfristigen Weg in die linke Partei wird es wohl erstmal nicht geben, da man den „Trennungsschmerz“ erstmal verarbeiten muss. Das es dazu kommt, dass wurde dabei verblümt angedeutet. Das ganze bleibt also spannend.

Letzte Woche habe ich noch über eine mögliche Corona-Aufarbeitung philosophiert, siehe hier

Da bringt der MDR eine Sendung von „Fakt ist“ zu genau diesem Thema.
Ist ganz kurzweilig, für die Interessierten. Vor allem der Mann von der BSW widerspricht sich im Verlaufe der Sendung mehrmals selbst.

22.10.2024

Zunächst ein Update zu Meloni in Italien, wo Gerichte die Albanien-Pläne gestoppt haben. Per Dekret werden dort nun sichere Herkunftsländer bestimmt. Auch ein einmaliger Vorgang. Tunesien ist übrigens dabei. Wer mir auf Twitter folgt, hat sicher schon den Thread Tunesiens Weg und Italiens Beitrag gefunden.

23.10.2024

Ich halte sehr sehr wenig von Reichelt und dem Sender NIUS. Dass er aber einen Beitrag macht, indem er das Loswerden von Björn Höcke als notwendige Bedingung für eine eventuelle Regierungsbeteiligung der AfD sieht, dass habe ich dann doch mit einiger Belustigung wahrgenommen. Nicht das er recht hätte, da sind weit mehr skurrile Personen in der Partei. Aber die Reaktionen seiner Leserschaft. Wenn man sich ehrlich macht, sind die Konsumenten des Kanals dann doch eher die Dauerwütenden, mit einer Tendenz im Wahlverhalten, dass nicht von der Hand zu weisen ist. Hier in die Hand zu beißen, die einen füttert, das kann natürlich auch journalistisches Kalkül in der Gewissheit einer Reaktion gewesen sein. Sei es drum, die Wütenden haben gewütet, war lustig

Die Diskussion um umweltschädliche Subventionen nehmen dann am schnellsten Fahrt auf, wenn man die Geldbeträge hört. Im Spiegel wird hier das Ergebnis einer Studie der Umweltberatungsfirma ERM präsentiert: 13.7 Milliarden Euro. Das ist nicht die Summe, die insgesamt für Subventionen ausgegeben wird, sondern rein die Förderung von fossil betriebenen Firmenwagen. Persönlich bemängele ich ja, dass man anscheinend diese Zahl gar nicht genau kennt, das Umweltamt spricht von 3,1 Mrd, Oeko auf 6,077 Mrd und die Bertelsmannstiftung auf 5,7 bis 7,6 Milliarden Euro. Das liegt halt auch an der Systematik. Hier wird nicht nur rein die Steuerersparnis mitgerechnet, sondern auch die Tankkarten, die alleine 3,9 Milliarden Euro entgangener Einnahmen ausmachen. Es wäre also ein ordentliches Potential da, Ausgaben zu sparen.

Und dann haben wir noch die Slowakei, nach Einschränkung der Medienfreiheit und eine Aufarbeitung der Corona-Pandemie mit einer FakeNews Schleuder als Leitung.

24.10.2024

Migration hatten wir ja lange nicht mehr als Thema. Dabei bewegt sich doch da gerade einiges. So hat der Guardian herausgefunden, dass die EU die Ergebnisse einer Menschenrechtsuntersuchung vor dem Deal mit Tunesien unter Verschluss hält. Tunesien, wo der Machthaber Kais Saied nach einer Scheinwahl im Amt bleibt. Wo Migranten ohne Verpflegung an der Grenze in der Wüste ausgesetzt wurden, das Tunesien.

Die Koalitionsverhandlungen in Thüringen kommen wohl eher schleppend voran. Nicht, weil man sich dort in Thüringen nicht einig ist, sondern weil Sahra Wagenknecht aus Berlin immer wieder Knüppel in die Beine wirft. Das gefällt Katja Wolf nicht ganz. Dass es sich bei der Partei im ein Marketingvehikel für das persönliche Bundestagsmandat von Frau Wagenknecht handelt, wird immer klarer. Und deswegen wird der Aufstand geprobt. Popcorn!

25.10.2024

Cem Özdemir gibt seine Kandidatur zum Ministerpräsidenten in BaWü bekannt. War sein FAZ – Artikel dann doppelter Wahlkampf?

In dieser Woche schon zweimal BSW. Diesmal in Sachsen. Und wieder mal geht es um die Corona-Aufarbeitung. SPD und CDU haben geäußert, dass sie den Weg einer Enquete-Kommission wünschen. AfD natürlich einen Untersuchungsausschuss noch vor den Bundestagswahlen. Hier habe ich ja schon was dazu geschrieben.

Nun ergibt sich folgende Situation: Die Koalitionspartner wollen eine Enquete-Kommission. Die AfD legt im sächsichen Landtag einen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses auf. Die notwendigen Stimmen (ein Viertel) dafür hat die AfD ohnehin. Aber nun stimmen die Abgeordneten des BSW zum Großteil für diesen Antrag. Selbstverständlich brüskiert man damit die Verhandlungspartner der Koalitionäre, die sich eben eine andere Aufarbeitung wünschen. Zum anderen macht man die Brandmauer-Debatte wieder auf. Denn „mit der AfD“ zu stimmen ist immer noch eine No-Go im demokratischen Konsens. Als der zurückgetretene Landrat Dirk Neubauer vor ein paar Wochen davon sprach, dass das BSW vor den Wahlen etwas zurückhält, „was so noch nicht ans Tageslicht soll“, meinte er wohl genau diese Situation. Auf jeden Fall war die SPD so sauer, dass sie die Koalitionsverhandlungen bis zur Klärung des Sachverhaltes auf Eis legte.

26.10.2024

Georgien hat gewählt. Das Land ist Spielball zwischen Europa und Russland. Zum einen die Bemühungen um den EU-Beitritt Georgiens, die durch Putins Angriffskrieg beschleunigt wurden. Zum anderen das viele Geld aus Russland, welches die Wahl beeinflusst, das annektierte Transnistrien und „das Gesetz zur Transparenz ausländischer Einflussnahme“, auch Agenten-Gesetz genannt. Gewonnen hat die aktuelle eher russlandfreundliche Regierung. Die Vorwürfe der Wahlmanipulation sind laut. Wie immer, wenn Russland seine Finger im Spiel hat.

Eine Woche nach dem Parteitag der Linken in Halle an der Saale, war die Stadt schon wieder Gastgeber, dieses Mal aus der politisch entgegengesetzten Richtung. Die Junge Union, der Jugendverband traf sich zum Parteitag. Zu Gast waren unter anderem Generalsekretär Linnemann, der mit diesem unangenehmen Satz auffiel:

Kennt man übrigens von AfD Plakaten den Spruch. Deswegen die Aufregung. Ähnlich unangenehm Jens Spahn, der gegen Bürgergeldempfänger nach unten tritt.

War aber nicht die einzige Entgleisung von Jens Spahn an diesem Wochenende. Zur Entgleisung auf Social Media um Bundestagsvizepräsidentin Aydan Özoğu sagt er.

Es ist eine Schande, dass zum ersten Mal seit Hermann Göring möglicherweise wir im Deutschen Bundestag wieder tagen, diskutieren oder da sitzt jemand und präsidiert gegen Israel und gegen Juden. Das ist inakzeptabel, und deswegen muss sie zurücktreten

Jens Spahn

Göring, drunter macht man es nicht mehr. Im Allgemeinen lässt sich feststellen, dass das trumpeske Poltern in den Unionsparteien aktuell sehr beliebt ist. Ob Merz, Söder oder halt Spahn. Die Rhetorik ist hart. Vielleicht ist es auch irgend ein übergeordneter Plan, sich irgendwie als starke Männer zu produzieren. Die Leipziger Autoritarismus Studie belegt, dass die Bestrebungen der Menschen, einen starken Mann an der Spitze zu haben, stetig zunehmen.

27.10.2024

Sigmar Gabriel poltert in einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen.

Angesichts der jüngsten Entwicklungen müsste man eigentlich sagen: hört auf oder besinnt euch!

Sigmal Gabriel

Das Verhalten der Ampelköpfe, dass ich hier schonmal ansprach, führt nun komplett bei allen zu Kopfschütteln.

Klar dass die CDU da Neuwahlen fordert. Nach den Ostwahlen ist ja auch die FDP, vor allem Kubicki da mit Forderungen laut geworden. Nun passiert das auch intern.

Und es ist auch völlig daneben, was da gerade passiert. Jeder präsentiert da seine Ideen, wohlwissend, dass die nicht zur Umsetzung kommen. Über die Kanäle und mit den Mitarbeitern der Ministerien. Wird mal wieder Zeit für eine Regierungsklausur. Oder für den Bruch.

Minister wie Wirtschaftsminister Robert Habeck oder Finanzminister Christian Lindner hätten offenbar nur noch Wahlkampf im Kopf und nutzten ihre Ministerien, um ihnen dafür die Vorlagen zu erarbeiten. Dies sei ein „Missbrauch von Personal und öffentlichen Mitteln“, kritisierte Gabriel.

Saskia Esken lebt noch. Ich hatte ja hier vermutet, dass sie alles tut, um unter dem Radar zu bleiben.

Nun ist sie doch da und zwar wie. Sie greift die Forderung er Industrie nach Abbau des Investitionsstaus von 400 bis 600 Milliarden Euro auf und sagt einfach, dass müsse man jetzt machen. Das diese nicht mit der Schuldenbremse geht sagt sie, no shit sherlock. Es ist full force Wahlkampf. Schade eigentlich.

Drei Kerzen im Sturm

Der Motor Deutschlands, die Wirtschaft, gerät in Schwierigkeiten. Das sagen mittlerweile alle Zahlen und Indikatoren, das kann man nicht mehr leugnen. Dass nun auch die Steuerschätzung nach unten korrigiert wurden, gießt noch mal neues Feuer ins Öl beim Dauerstreitthema Haushalt.

Die Arithmetik der Reaktion auf solcher Probleme ist recht einfach : 1 2 3. Erst kam eine „Bazooka“, dann der „Doppel-Wumms“ und nun eben drei Kerzen im Sturm. Damit sind natürlich die drei Protagonisten Kanzler Olaf Scholz, Vizekanzler Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner gemeint, deren Beziehung sich mittlerweile wie die legendäre Pressekonferenz von TicTacToe in Superzeitlupe anfühlt.

How it started

Dabei fing es doch so toll an. Erinnert ihr euch auch noch dieses FDP-Grüne Bild mit Baerbock, Habeck, Wissing und Lindner 2021 nach der Wahl? Das versprühte das Gefühl von Aufbruch, nach richtig was schaffen.

Was da noch nicht ganz klar war: die Corona-Pandemie war noch lange nicht überstanden. Statt komplettem Lockdown gab es im Winter 2021 2G-Regeln in verschiedensten Ausprägungen, dem Föderalismus und der Kleinstaaterei sei dank. Pragmatisch für die Geimpften, die zum großen Teil auch nicht hinter den 2g-Regeln standen. Pragmatisch für die Unternehmen, die weiter machen konnten, irgendwie, eine Zeit lang.

Und es war auch noch nicht klar, dass Putin die Ukraine angreift. Und dann wird plötzlich das politische Ziel der Nato laut, dass jeder Mitgliedsstaat mindestens zwei Prozent seines Haushaltes für das Militär ausgibt. Das Handelsblatt hat dazu eine hervorragende Grafik. Man sieht den Einsatz, das Zweiprozent-Ziel zu erreichen, dass übrigens mehrere Länder wie z.B. auch Frankreich verfolgen.

Schuldenbremse und Sondervermögen

Die Reaktion auf solche Krisensituation waren Sondervermögen. Die kürzeste Erklärung dafür sind Schulden, die nicht bei der Berechnung der Schuldenbremse eingerechnet werden. Besondere Berühmtheit erlangten diese, als versucht wurde, Teile des Corona-Sondervermögens für den Haushalt umzudeuten. Und dass das Volumen des Sondervermögens für die Verteidigung immerhin 100 Milliarden Euro betrug. In einem Europa, für dass Frieden die letzten Jahre Frieden als Normalität kennt und Krieg nur aus den Nachrichten eine ordentliche Zäsur. Aber eben auch die Grundlage für die teils berechtigte Frage „Aber dafür ist Geld da?“. Investitionsstau, Krise in den Tätigkeitsfeldern Medizin, Pflege, Bildung und Erziehung sind länger bekannt und es gilt immer noch die alte Wahrheit

Wenn man etwas lange genug kaputtspart, ist es dann auch irgendwann kaputt.

Retten der Wirtschaft oder Wahlkampf`?


Und nun reden wir vom aktuellen Streit. Wir haben drei wichtige Posten die ganz offensichtlich nicht mehr miteinander reden. Zumindest nicht ohne Anwalt.

Zum einen Haben wir dann einen Robert Habeck, dessen Position nach den vernichtenden Ostwahlen und dem Rücktritt des Vorstandes und Einsetzung von Verbündeten als gestärkt gilt. Der kommt mit einem Konzept „Zehn Prozent auf alle Investitionen“. Der nimmt sich Wirtschaftsprofessor Rudi Bachmann sehr spezifisch an, warnt vor Karussell- und Mitnahmeeffekten. Und wirft die eigentliche Frage auf: ist die Wirtschaft strukturell oder konjunkturell schwach. Ist es gerade eine Schwächephase oder ein sich verstetigender Abwärtstrend.

Dann haben wir einen Olaf Scholz. Schon verrückt, dass man den Kanzler an zweiter Stelle nennt. Aber er kommt gefühlt nur dann ins Handeln, wenn er getrieben wird. So auch hier. Eines der größten Probleme von Olaf Scholz ist, dass er auf dem immer wichtiger werdenden Kanal Social Media einfach nicht funktioniert. Zu langweilig, zu staatstragend oder warum auch immer. Christian Lindner funktioniert als Anstachler. Robert Habeck als reflektierter Beruhiger, der Wege aufzeigt.

Auf jeden Fall ist Olaf Scholz aktuell noch Kanzler und Kanzlerkandidat für die nächste Wahl. Und er sieht die Probleme der Wirtschaft und hat einen Termin mit Vertretern der Industrie und der Gewerkschaften angesetzt.

Zeitgleich setzt Christian Lindner ein Treffen mit Vertretern von Mittelstand und Familienunternehmern an. Was Lindner fordern wird, ist allen klar, er hat nur eine Patrone im Magazin. Diese Patrone heißt „Steuern senken“ und ist das Universalwerkzeug, dass nach seiner Ansicht bei jedem Problem hilft.

Fachkräftemangel? Steuern senken!
Wirtschaft schwächelt? Steuern senken!
Energie zu teuer? Steuern senken!

Es ist ein sehr einfaches Muster, aber es ist zumindest konsequent.

Was aber an diesen drei Kerzen im Sturm ganz interessant ist: da hat offensichtlich keiner miteinander gesprochen. Nicht nur sind diese Treffen zeitgleich und keine lädt sich gegenseitig ein. Es findet auch gar keine Vermittlung mehr statt. Christian Lindner nennt die Vorschläge von Habeck „konzeptionelle Hilfslosigkeit“, dieser kontert mit „abstraktes Wünschdirwas“.

Fazit

So, wir setzen uns jetzt alle und müssen uns folgendes eingestehen:
* im nächsten Jahr ist Bundestagswahl
* egal was einer von den dreien vorschlägt, Merz wird es doof finden
* die Chancen, dass die drei sich auf irgendwas einigen sind sehr gering

Und dann ende ich mit dem Zitat, dass das entscheidende war, bei der legendären Pressenkonferenz von TicTacToe

Wenn wir Freunde wären, würdest du so einen Scheiß überhaupt nicht machen

Liane Wiegelmann alias „Lee“

Kleines Politbeben in Leipzig

Und dann wird es auch mal lokalpolitisch. Nachdem Irena Rudolph-Kokot schon im August auf Distanz zu ihrer Partei SPD gegangen ist, ist sie nun ganz raus. Hier in Leipzig hat Frau Rudolph-Kokot ein Standing, war Vorsitzende der SPD in der Messestadt. Auch als tragende Säule von Leipzig nimmt Platz im demonstrationsfreudigem Leipzig war ist sie vernetzt und bekannt.

Wir von Volt haben ja die SPD im Landtagswahlkampf Sachsen unterstützt und als damals die Nachricht kam, war schon ein Schockzustand bei meinen Ansprechpartnern zu spüren.

Rudolph-Kokot lässt ihre Zukunft in der SPD derweil offen. Ob sie demnächst komplett aus der SPD austreten werde, wollte sie auf Anfrage der Leipziger Zeitung nicht mit einem „Ja“ oder „Nein“ beantworten. Sie habe immer noch die Hoffnung, dass sich die Partei ändert.

Damals entzündete sich der Konflikt unter anderem an der Übernahme rechter Forderungen und zu wenige soziale Gerechtigkeit durch die Bundespartei. Nun sind es die Sondierungsgespräche mit der BSW, die das Fass zum überlaufen gebracht haben. Dass der Landesverband hier Werte genau so verkauft.

Auch ein bekanntes Gesicht der Leipziger Demoszene ist der ehemalige Stadtrat und (Noch-)Mitglied der Grünen Jürgen Kasek.

Die Grünen haben die Gesellschaft verändert und die Gesellschaft die Grünen, aber ich zweifle.

Jürgen Kasek

Ich habe ja schon mehrmals über den neuen bürgerlichen Kurs der Grünen geschrieben. Und dass dieser nicht jedem gefällt, vor allem nicht der Grünen Jugend. Kasek ist eher aktivistisch unterwegs. Dabei ist man oft auch etwas grundsätzlicher und radikaler unterwegs. Da muss der neue Kurs natürlich Bauchschmerzen bis hin zum Brechreizt auslösen. Viele Kompromisse, die den hohen Zielen der Partei entgegenstehen.

Als Umweltschützer fühle ich mich ohnehin in meiner eigenen Partei zunehmend alleine.

Jürgen Kasek

Und dazu gehört eben auch das Thema soziale Gerechtigkeit, dass im (Regierungs-)Handeln nur noch sehr versteckt stattfindet. Er hat das viel in seinem Blog drüber geschrieben.

Es ist wirklich viel gerade in Bewegung. Und das hat sicher auch mit den vergangen Wahlen, in Sachsen und in Leipzig zu tun.

Dass das BSW aus dem Stand auf fast 10% in Leipzig und fast 12% in Sachsen kam, ist eine derbe Schlappe für alle, die sich jahrelang für ihre Sache geopfert haben. Dazu ist die AFD nochmal stärker geworden und die Freien Sachsen dürfen nun im Stadtrat pöbeln. Eine schlechte und turbulente Phase bei den progressiven Kräften.

Wochenrückblick 42/2024

Alles, was in der Woche wichtig war, aber für keinen eigenen Beitrag reichte.

14.10.2024

Sarah Lee Heinrich begründet ihren Austritt bei den Grünen. Poetisch.

Der Club of Rome stellt fest, Klimaschutz geht nur mit mehr sozialer Gerechtigkeit. So wirklich überraschend ist die Erkenntnis nicht. Das Armut auch in Deutschland grassiert, ist eine sich zunehmend verstetigende Entwicklung in Deutschland. Da kann man es sich schlichtweg nicht leisten, im Armutssektor so wichtigem Bereich Ernährung wählerisch zu sein.

15.10.2024

Italien fängt an, die ersten Asylbewerber in die Lager in Albanien zu transportieren. Das ganze Projekt ist umstritten, waren es doch in Großbritannien die Richter, die das Projekt Ruanda begruben. Es reit sich aber ein in eine Reihe schlechter Nachrichten aus den europäischen Ländern. Holland kürzt und hat die EU ersucht, keine Asylbewerber mehr aufzunehmen, was abgelehnt wurde. Frankreich erhöht die Dauer der Abschiebehaft, Polen will das Asylsystem aussetzen, das hat Zypern übrigens auch im letzten Jahr schon gemacht. Einzig Spanien geht den umgekehrten Weg und sieht die Vereinfachung des Zuzugs als Lösung für den Arbeitskräftemangel.

Zudem kam heute die Shell-Studie heraus. Key Point hier, dass die Jugend durchaus positiv in die Zukunft schaut und sich mehr für Politik interessiert.

Es ist ein langfristiger Trend, dass das politische Interesse der Jugendlichen zunimmt. Was neu ist, ist, dass erstmals genauso viele weibliche Jugendliche politisch interessiert sind wie männliche Jugendliche. 

16.10.2024

Wer bei mir Führung bestellt, bekommt sie auch

Olaf Scholz

Diese Führung hat Olaf Scholz erst zweimal gezeigt. Einmal, als es um das Thema Laufzeitverlängerungen der Atomkraftwerke ging, und nun beim Sicherheitspaket, beklagt Juso-Chef Türmer. Man muss halt Prioritäten setzen. Und ob der „Klima- und Respektskanzler“ hier die richtigen Prioritäten setzt, das kann man getrost hinterfragen.

Der ehemalige Social-Media-Manager des abgesägten AFD-Europaparlamentariers Maximilian Krah Erik Ahrens sorgt mal wieder für aufsehen. Nachdem erst letztens großer Wirbel um die gefälschten Tanzvideos zum Bruch mit AfD und IB führte gibt es neuen Ärger. Standard, Spiegel und Guardian enthüllen geheime Treffen mit potentiellen Geldgebern. Die Pläne, sich mit Männern nach dem Vorbild der SS zu umgeben, um dann selbst eine populistische Bewegung anzuführen sollten wohl nicht unbedingt an die Öffentlichkeit.

17.10.2024

Daimler Chef für steigende Benzinpreise. Mit marktwirtschaftlichen Mitteln Richtung E-Mobilität? Klingt richtig. Allerdings fährt nicht jeder Mercedes. Und kann sich schnell ein neues Auto leisten.

18.10.2024

Das Sicherheitspaket wurde beschlossen. Im Bundesrat teilweise revidiert. Symbolpolitik bleibt mehrheitsfähig. Deutschland 2024.

19.10.2024

Melonis Albanien-Plan scheitert vor Gericht. Überrascht nicht wirklich, nachdem ja schon in UK die Gerichte die Ruanda-Plane kassierten. Dass sich Merz wohl immer noch mit Ruanda und die Niederländer mit Uganda anfreunden können, verwundert dabei.

20.10.2024

Die Linke hatte ihren Parteitag in Halle und wählte wie erwartet Ines Schwerdtner und Jan van Aken zum neuen Vorstandsduo. Sonst verlief der Parteitag ohne große Aufreger ab. Der erwartete Antisemitismus-Eklat nach Berlin blieb aus. Spannend, dass sich auf dem Parteitag gegen das bedingungslose Grundeinkommen entschieden wurde, zugunsten einer sanktionslosen Grundsicherung. Man plane mit den 3 Direktmandaten, die auch schon bei der letzten Bundestagswahl den Verbleib sicherten. Ambitioniert.

Auch auf dem Parteitag der Grünen Jugend gab es es neues Führungsduo.  Jakob Blasel, Mitbegründer der fridays for future in Deutschland. Und Jette Nietzard, aus der humanistischen Bewegung. Übrigens ohne Gegenkandidaten. Ob das Ganze nun Ruhe reinbringt, ist zu bezweifeln. Die Mutterpartei und vor allem Robert Habeck bleiben gejagt.

Corona Aufarbeitung?

Ja wir reden über Corona.

Die Corona-Pandemie muss aufgearbeitet werden. Das ist für mich eine vollkommen normale Forderung. Auch wenn Corona noch nicht vorbei ist, so sind die politischen Maßnahmen doch schon seit einiger Zeit vorbei und man hätte genug Abstand, um dass alles nochmal aufzuarbeiten.

Dass die Ampelregierung das nicht mehr in dieser Legislaturperiode durchführen will, stößt nicht nur bei mir auf Missverständnis. Selbst das prägendste Gesicht der Pandemie, der Gesundheitsminister Karl Lauterbach, macht sich für eine Aufarbeitung stark. Mit Christian Drosten, Bodo Ramelow, Armin Laschet, und vielen anderen, stehen ihm da einige bei.

Aktualität erhält das Thema dabei nicht nur, weil das BSW einen Corona-Untersuchungsausschuss als Bedingung für Koalitionsverhandlungen nach den Ostwahlen machte. Auch dass die Protokolle des Robert-Koch-Instituts erst geschwätzt und später ohne Schwärzung als #RKILeaks in den Umlauf kamen sorgte für eine Neuauflage der Diskussionen. Und das Bekanntwerden, dass Millionen für Optionen für Beatmungsgeräte durch Jens Spahn beauftragt wurden macht die Sache nicht besser.

Die Gretchenfrage dabei bleibt jedoch, wie und mit welchem Zweck so eine Aufarbeitung stattfinden kann. Die Ansprüche sind hoch. Einerseits sollen die Maßnahmen nach Wirksamkeit und Rückhalt bewertet werden um so für künftige Pandemien besser vorbereitet zu sein. Zum anderen, und hier wird es ungleich schwerer, soll sie auch gesellschaftliche Risse wieder kitten.

Aufarbeitung durch die Medien?

Eine Aufarbeitung in Form einer Dokumentation wie von Eckart von Hirschhausen oder einer Show wie von Mai Thi Nguyen-Kim können dabei fast ausschließlich die wissenschaftliche Seite betrachten. Natürlich sind sie Instanzen in ihrem Gebiet. Aber auch schon in der Pandemie wurden beide Wissenschaftler Ziel der Gegenseite. Da wurde Hirschhausen durch Spenden der Bill Gates Stiftung Bestechlichkeit vorgeworfen. Mai Thi wurde wegen ihrer Haltung Pro Impfung attackiert. Keine besonders geeigneten Protagonisten, wenn es um die Überwindung der Spaltung geht.

Dass es auch zusätzliche eine politische und eine soziale Komponente gibt, bleibt dabei außen vor. Auch dass mediale Berichterstattung Teil der Corona-Kritik ist, macht diesen Weg zum nicht optimalen.

Aufarbeitung durch eine Enquetekommission?

Spannender war hier die Idee einer Enquetekommission, welche sowohl von FDP als auch von den Linken bevorzugt wird. Was das ist? Ein Viertel des Bundestages muss dafür sein, eine solche einzusetzen. Danach bestimmt der Bundestag den Auftrag und die Mitglieder(Abgeordnete und externe Experten) der Kommission. Die Gefahr die ich hier sehe ist natürlich folgende: möglicherweise besteht diese Kommission dann aus genau den selben Mitgliedern, die an den Entscheidungen beteiligt waren.

Sprich die aktuelle Ampelregierung stellt ein Team zusammen, dass die Coronapolitik der Ampel und der Großen Koalition vorher bewerten soll. Hier kann man durchaus Erkenntnisse gewinnen, was politische und soziale Komponenten angeht, bei der Spaltung wird das wenig helfen.

Aufarbeitung durch einen Bürgerrat?

Olaf Scholz sagte im Sommerinterview, er bevorzuge einen Bürgerrat. Was ist das? Da werden zufällig Bürger ausgelost, mit einer Aufgabenstellung versehen und von bestellten Experten beraten.

Ich bin ja bei Volt und generell finden wir ja Bürgerbeteiligung richtig wichtig. Dass nicht alle Probleme damit gelöst sind, beweist zum einen der Podcast, den ich schon letztens im Wochenrückblick verlinkt habe.

Zum anderen hatten wir in Deutschland bisher genau einen Bürgerrat und das war ein totales Desaster. Von den Empfehlungen wurde nur das umgesetzt, was nichts kostet. Ein Aussteiger-Mitglied erzählte da absurde Geschichten über Indoktrinierung. Man merkt schnell: Das Potential ist riesig. Hier könnte man das Maximum an Erkenntnissen gewinnen, weil die Entscheidungsträger eben die Bürger sind. Das Spektrum an Wissenschaft, Politik und Medien könnte abgedeckt werden. Doch sind deren Erkenntnisse und Entscheidungen nicht bindend. Und durch die schon stattgefundene Diffamierung des Bürgerrates ist auch hier eine Reduzierung der Spaltung nicht zu erwarten.

Aufarbeitung durch einen Untersuchungsausschuss?

Hier reden wir nicht mehr von einer bundesweiten Aufarbeitung, sondern nur noch von den Ländern Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Ähnlich wie bei der Enquetekommission wird hier eine Gruppe aus Abgeordneten und Experten gebildet, die den Verhältnissen im Landtag entsprechen. Und genau da liegt das große Problem: BSW und AfD, die beide sehr coronakritische Positionen einnehmen haben hier etwa die Hälfte der Sitze. Es wird also zu der Situation kommen, dass genauso viele Mediziner anwesend sein werden, die den Nutzen der Impfung höher bewerten als die Gefahr durch Nebenwirkungen wie es Mediziner geben wird, die vom Gegenteil überzeugt sind. Genauso viele Rechtsgelehrte, die Lockdown gerechtfertigt sehen, wie die Gegenseite. Und so weiter. Das Schema ist klar und hat einen Namen: false balance.

Der Erkenntnisgewinn wird hier am geringsten sein und die Spaltung eher noch voranbringen. Das ist das gefährliche Spiel, auf das sich die CDU und auch die SPD einlassen.

Und nun?

Ich bin davon überzeugt, dass auch eine intensive Aufarbeitung die Spaltung nur sehr bedingt überwinden kann. Zu tief die Gräben, zu groß der Vertrauensverlust in Medien, Politik und Wissenschaft bei der Gegenseite.

Wenn man besser auf die nächste Pandemie vorbereitet sein möchte, würde ich eine Kombination aus Bürgerrat und Enquetekommission bevorzugen.

Wenn man die Gräben nicht noch tiefer graben will, würde ich jedem von einem Untersuchungsausschuss abraten.

Wochenrückblick 41/2024

Alles, was in der Woche wichtig war, aber für keinen eigenen Beitrag reichte.

07.10.2024

Der Terroranschlag auf Israel jährt sich zum ersten Mal. Der Konflikt im Nahen Osten hat sich stetig verändert und hat durch die Angriffe des Iran auf Israel eine neue Stufe erreicht. Weiterhin halten pro-palästinensische Demonstration in Europa und den Staaten an. Am Jahrestag wurden wieder eine Vielzahl von Angriffen auf jüdischen Leben verzeichnet. Und ein Ende ist aktuell nicht absehbar.

Kevin Kühnert, Bundestagsabgeordneter und Generalsekretär der SPD, tritt aus gesundheitlichen Gründen zurück. Wie jeder mit einigermaßen eingestelltem moralischem Kompass wünsche auch ich: Gute Besserung.

08.10.2024

Heute geht es um Andreas Scheuer. Ihr wisst schon, der ehemalige CSU-Verkehrsminister mit der PKW- Maut und der „eigenen Rechtsauffassung“. 243 Millionen hat Deutschland diese „eigene Rechtsauffassung“ gekostet.

Dieser Andreas Scheuer trat ja am 1.April als Mitglied des Bundestages zurück. Hielten viele erst für einen Aprilscherz, passierte dann aber doch wirklich.

Dieser Andreas Scheuer trat nun auch als Stadtrat von Passau zurück. Vorausgegangen war dem Ganzen die Besetzung der Ausschüsse, in dem Scheuer in den Ausschuss für Rechnungsprüfung. Das klingt für einige wie eine Schlagzeile des Postillion, ist aber Realität. Genauso Realität wie das Medienecho, dass dann auf Scheuer einprasselte. Auch hier muss man sich hinterfragen, ob das alles in dem Rahmen war, der geboten ist. Das dieser Rücktritt aber eben in Scheuer-Manier und damit auch laut und wortgewaltig stattfindet ist dann eben das andere.

In die lange Liste von Ampel-Politikern im Bundestag, die nicht erneut antreten, reiht sich von Canan Bayram den Grünen ein. Weil sie nicht mehr weiß, wofür die Grünen stehen. Sie ist da nicht alleine.

09.10.2024

Die Pflegeversicherung steht vor der Insolvenz titelten einige Nachrichtenseiten. Geht ja gar nicht korrigieren andere. Das Ergebnis beider Seiten ist jedoch klar: die Pflegebeiträge werden steigen. Nach den Ankündigungen um die Krankenkassenbeiträge und die Rentenbeiträge keine Nachricht, die wirklich gut klingt.

Zudem waren hier in Leipzig die Festlichkeiten zu 35 Jahren friedliche Revolution. Auf Instagram ist ein Teil der Rede veröffentlicht. Rund um das Zitat

Wir sind ein Volk. Uns eint mehr, als uns jemals trennen kann!

Olaf Scholz

Schön gesagt, jetzt noch danach handeln bitte.

10.10.2024

Lettland verhängt ein Handyverbot in der Schule. Großbritannien, die Niederlande, Belgien, Frankreich, Italien haben sowas auch, teils erst vor kurzem implementiert. Auch die UNESCO empfiehlt es im Bildungsreport.

Kann man sich sehr lange drüber unterhalten und streiten. Die Argumente der Pro und der Contra-Seite sind dabei beide gleich richtig. Am Ende löst es nicht die grundlegenden Probleme unseres Bildungssystems und kann nur ein minimaler Baustein sein, um Deutschland in den PISA-Rankings wieder klettern zu lassen.

Zudem war Cem Özdemir bei Maischberger.

Dort sagt er über Friedrich Merz und seinen Pascha-Spruch

Ich halte nichts von einer Sprachpolizei. Wenn er das so empfunden hat, dann ist das so. Es gibt natürlich kleine Paschas.

Über die Austritte bei der grünen Jugend

Ich glaub die waren in der falschen Partei und haben das jetzt erkannt.

Über Greta Thunberg

Sollte uns alle dazu bewegen, noch mal gut nachzudenken, was wir früher über die junge Dame gedacht und gesagt haben und das einer Neubewertung unterziehen.

Ganz besondere Premiere im Bundestag, mit Heike Heubach hat erstmals eine gehörlose Abgeordnete eine Rede gehalten. Wie wichtig die Repräsentanz von Menschen mit Einschränkungen ist, da kann man ganze Aufsätze drüber schreiben. Ist mal ne gute Nachricht.

Es war ja eine Frage der Zeit, bis der Gastbeitrag von Cem Özdemir von der AfD verarbeitet wird. Der Baumann hat es nun getan. Erwartbar.

11.10.2024

Das Gute-Kita-Gesetz wurde entschieden und der wahrscheinliche Kanzlerkandidat Robert Habeck verkündet das in einem seiner mittlerweile üblichen Erklärvideos über den Account des Wirtschaftsministeriums. Auf die Frage, was Wirtschaft mit frühkindlicher Bildung zu tun hat, erklärte das Ministerium:

Besonders in Zeiten des Fachkräftemangels profitiert auch die Wirtschaft von guter und verlässlicher Kinderbetreuung.

Da kann man nix mehr hinzufügen, diese Zeile ist eigentlich viel wichtiger, als das Erklärvideo selbst.

Bleiben wir beim Thema Bildung, gehen aber ein paar Jahre weiter und finden wir uns in der Schule wieder. Man erinnert sich ja noch ein bisschen an die Geschehnisse in Burg bei Cottbus, wo die Lehrer, welche die Hitlergrußfotos im Schulumfeld meldeten und dafür so viel Hass abbekamen, dass sie die Schule und Burg verlassen mussten. Ein Richter beurteilte die Vorfälle übrigens als

jugendtypisches, unreflektiertes und gruppendynamisches Verhalten

Und eben dieses jugendtypische und unreflektierte Verhalten mehrt sich gerade in den Schulen. Schüler und Lehrer stehen dem Problem ohnmächtig entgegen. Der Handlungsbedarf ist groß. Da müssen Lösungen her. Und zwar schnell.

12.10.2024

In großen Teilen Deutschland sind die Sozialwohnungen knapp. Man erinnert sich, 400.000 wollte Klara Geywitz schaffen. Das Ziel wurde deutlich verfehlt.

Nun hat man in Berlin Tätigkeiten entdeckt, die schon wirklich ungeheuerlich sind. Dort werden Sozialwohnungen als Eigentumswohnungen an Wohlhabende verkauft.

Antisemitismus-Eklat bei den Linken in Berlin. Mehr möchte ich dazu nicht schreiben.

13.10.2024

In einem Leitartikel im Spiegel greift Melanie Amann nochmal den Gastbeitrag von Cem Özdemir und das Interview mit Kevin Kühnert auf. Lobt dabei die präzise Rhetorik und kommt da aus der Kalten mit folgendem Satz.

Was aber fehlt in diesem Land: eine angstfreie, ehrliche Debatte darüber, dass dieses Schutzversprechen in Teilen der Einwanderungsgesellschaft gebrochen wird.

Ich schrieb schonmal. dass Solingen ein Wendepunkt beim dem Thema war. Das ist ein Satz, der wahr und präzise er ist und vor Wochen auch noch in die rechte Ecke gesteckt worden wäre. Der jetzt aber einfach so fällt und die eher linke Leserschaft des Spiegel kaum tangiert. Viel eher ist es die rechtskonservative Ecke, die diesen Beitrag feiert. „Wir haben es euch doch gesagt“ oder „Endlich aufgewacht“ sind typische Reaktionen aus diesem Flügel. Das ist Schwarz-Weiß-Denken. Dem sollte man sich mit allen Kräften entziehen.

In der letzten Zeit ging es ja auch viel um Gewerkschaften und Tarifbindung. Der DGB feiert seinen 75. Geburtstag. Seit 75 Jahren Kampf um die Rechte der Arbeitgeber, Streit um Soziales und Gerechtes und in den letzten Jahren Kampf für Demokratie und Vielfalt.

Und gleichzeitig sinkt die Anzahl der gewerkschaftlich organisierten Mitgliedern seit Jahren. Ursachen werden viele benannt, ein erstarkender Dienstleistungssektor, die schrumpfende Attraktivität der Berufsausbildung und neuerdings die schwächelnde Industrie. Zeit für eine Trendumkehr. aber wie?

Der Cem, der Kevin, der Alfonso und der Jens

Über das Interview von Cem Özdemir schrieb ich ja schon einiges.

Das Interview

Nun gab Kevin Kühnert im Spiegel ein Interview. Tagesspiegel berichtete auch in Auszügen darüber, ohne Paywall. Klar waren die Themen die vergangenen Wahlen, wer Kanzlerkandidat wird, den offenen Brief der SPD-Mitglieder und die Arbeit der Ampel.

Und am Ende geht es um den Gastbeitrag von Cem Özdemir. Dabei sagt er vor allem zwei Sachen: Dass es einen gewaltigen Unterschied macht, ob man die Erlebnisse seiner Tochter ernst nimmt und präzise den muslimisch geprägtem Sexismus und Chauvinismus benennt. Im Gegensatz zu einem Söder, der diese Präzision komplett vermissen lässt. Und zum anderen, dass er als homosexueller Mann von muslimisch gelesenen Männergruppen eher einen homophoben Spruch gedrückt bekommt. Sofort gefolgt von

Natürlich ist der Großteil der Muslime in meinem Wahlkreis nicht homophob. 

Kevin Kühnert

Sagen wir es, wie es ist. Es ist eine komische Zeit für queere Menschen. Lange gab es eine stete Verbesserung der Akzeptanz. Von Merkels Homo-Ehe bis hin zum Selbstbestimmungsgesetz. Es ist einiges passiert, noch ist der Weg nicht zu Ende gegangen, aber ein gutes Stück liegt hinter uns. Aber die Aussichten sind düster. Der Aufwind der AfD kommt auch mit queerfeindlichen Aussagen und Forderungen einher.

Für viele war Kevin Kühnert als Ally wenig sichtbar. Wir von Volt hatten ja mit der SPD zur Landtagswahl in Sachsen eine Kooperation. Kevin Kühnert war in Dresden beim CSD und das war das erste Mal, dass ich davon hörte, dass er homosexuell ist. Geoutet hat er sich aber schon 2018 und schon damals gab es kein großes Aufhebens deswegen.

In der SPD, wie ich sie erlebe, ist die Sexualität vollkommen egal. Interessiert keinen. Wir sind fünf queere Evolutionswellen weiter.

Kevin Kühnert

Wie aufgeladen das Thema aktuell ist, habe ich selbst bei Twitter, auch X genannt, erlebt. Eine in meinen Augen harmlose Umfrage, wird wenig überraschend von vielen meiner Peergroup mit „ist doch egal“ beantwortet. Ist es auch, absolut. Aber man wird schon für die Verwendung des Wort homosexuell in eine homophobe Ecke katapultiert. Bleibt doch mal locker.

Der Queerbeauftragte

Weniger unbekannt ist die Homosexualität von Alfonso Pantisano, dem Queerbeauftragten in Berlin. Der gilt gemeinhin als umstritten, was eine schöne Beschreibung ist, für „der haut gerne mal einen raus“. Und so hat er jetzt auch mal wieder einen rausgehauen. Lieber Kevin, echt jetzt? titelte er. Antimuslimischen Rassismus warf er Kühnert vor. Und heizte damit die Debatte, die sowieso schon nach den Aussagen von Kühnert entbrannte, nochmal an.

Darf er das? Das ist die Frage.

Darf der Kühnert einfach so sagen, dass es eine erhöhte Tendenz zur Queerfeindlichkeit bei Konservativen und religiös Fundamentalen gibt?

Und darf der Pantisano einfach so sagen, dass man darüber nicht (so) reden darf?

Gerade nach dem Gastbeitrag von Cem Özdemir war doch jedem eigentlich klar, dass es sich um ein unglaublich sensibles Thema handelt. Da bemüht sich jemand um möglichst präzise Formulierung und nennt Probleme die existieren, ohne in irgendwelche Stereotype abzugleiten. Und erhält dafür auch sehr viel Zuspruch.

Was Kevin Kühnert benennt, erleben so viele LGBTIQ* am eigenen Leib in so vielen Teilen Berlin und selbst im Regenbogenkiez. Darüber müssen wir doch reden.

Erik Jödicke,

Und der streitbare Queerbeauftragte bekommt ordentlich Gegenwind, sowohl in der Partei, als auch in den Verbänden.

Aber ist das schon das Ende des Liedes? Ich denke nicht. Weil Pantisano auch so ein bisschen Grenzen abstecken will. Wir haben eine durch die Regierungsarbeit in der Ampel geschwächte SPD, die sich auch wahltaktisch den Konservativen anbiedert. Da hat man nicht wirklich Angst vor einem Kevin Kühnert, der in der Partei großen Rückhalt genießt. Da hat man Angst, vor dem Nächsten. Mit all den Positionskorrekturen, die als Rechtsruck verstanden werden können, ist die Angst allgegenwärtig. Und das ist das Problem.

Der Rücktritt

Unabhängig von der ganzen Diskussion gibt Kevin Kühnert kurz danach seinen Rücktritt aus gesundheitlichen Gründen bekannt. Nochmal an dieser Stelle, Gute Besserung.

Der Jens

Wie fein die Klingen von Cem Özdemir und Kevin Kühnert sind, wird einem erst dann klar, wenn man mal wieder jemanden anhört, der diese Kunst nicht beherrscht. Einem der auch mal wieder einen raushauen will. Einem, der bei die Rassismus-Debatte viel eher verlieren wird: Jens Spahn.

Der reflexhafte Rassismus-Vorwurf ist Unsinn. Es ist schlicht die Realität: Deutschland ist durch irreguläre Migration homophober, frauenfeindlicher und gewaltaffiner geworden.

Jens Spahn

Wochenrückblick 40/2024

Alles, was in der Woche wichtig war, aber für keinen eigenen Beitrag reichte.

30.09.2024

Es gab, mal wieder ein Diskussion, mit welchen Begriffen man die AfD bezeichnen sollte, so dass man sie nicht verharmlost. Beide Seiten haben dabei gute Argumente. Persönlich halte ich das ganz für eine Meta-Diskussion, die weit vom eigentlichen Problem entfernt ist.

01.10.2024

Der Stundenlohn von Menschen unter 25 Jahren in Sachsen liegt bei 12,34€.
Das wirkt zum einen, als ob da jemand einmal über die Tastatur gerutscht ist(1-2-3-4), zum anderen ist das sehr deprimierend. Bei der Angleichung der Lebensverhältnisse zwischen Ost und West sind kaum noch Fortschritte erkennbar.

02.10.2024

Im Podcast Ostgrün gibt Paula Piechotta einen Einblick in die gesundheitlichen Auswirkungen des Mandates, gerade als Grüne, gerade als Frau. Es sind die Mechanismen der Einschüchterung die wirken.

Am gleichen Tag erklärt Tessa Ganserer, dass sie nicht erneut für den Bundestag kandidiert.

04.10.2024

Ich habe hier ja schon ein bisschen etwas über den Kurs der Union gegen die Grünen geschrieben. Und nun offenbart eine Umfrage in den Landesverbänden etwas wenig Überaschendes: die meisten(12) Landesverbände finden schwarz-grün ganz dufte. Einzig Bayern mit Söder kann sich eine Regierungsbeteiligung so gar nicht vorstellen. Brandenburg, Sachsen und Thüringen wollten sich dazu nicht äußern …

05.10.2024

Über den Gastbeitrag von Kretschmer, Voigt und Woidke schrieb ich ja schon einen Beitrag:

Natürlich gab es diverse Reaktion darauf, es folgt ein kleines Best-Of

Immer noch am besten, dass es da so einen Widerstand in der CDU selbst gibt.

06.10.2024

Im Spiegel gab es ein Interview mit Kevin Kühnert. Da geht es neben den Ergebnissen der Wahlen im Osten natürlich auch um die Fragen, wie sehr sein Stuhl wackelt und ob Olaf Scholz Kanzlerkandidat wird.

Am Ende aber auch um den Beitrag von Cem Özdemir und seiner Tochter, da schrieb ich ja auch mal drüber.

Auf jeden Fall macht Kevin dort klar, dass es rhetorisch eine ganz andere Klinge ist, die von Cem geführt wird, als man das von Söder je erwarten würde. Und er redet über Homophobie, sowie von wem das häufiger vorkommt. War auch wieder falsch. Der Berliner Queerbeauftragte und SPD-Kollege sieht hier Rassismus.

Die Reaktionen auf die Beiträge von Özdemir und Kühnert sind Wasser auf die Mühlen derjenigen, die behaupten, man dürfe seine Meinung nicht frei äußern. Ist die Debattenkultur mittlerweile so vergiftet? Es ist wie der Fabel „Der Hirtenjunge und der Wolf“, wo der Bub immer wieder „Wolf“ ruft, bis ihm keiner mehr glaubt. Dann kommt wirklich eine Horde Wölfe und reißt, trotz den Rufen des Buben, die Schafsherde.


Und genauso gefährlich ist es, stets Rassismus zu unken, wenn jemand sehr differenziert von seinen Erlebnissen berichtet. Das wird man doch wohl noch sagen dürfen.