Bürokratie: Das Wundermittel, das keins ist

Die Forderung nach weniger Bürokratie ist wie ein alter Schlager, der immer wieder in den Charts landet. Man hört ihn in Dresden genauso wie in Berlin. Er verspricht schnelle Erleichterung und neues Handlungsvermögen. Doch lasst uns ehrlich sein: Bürokratieabbau ist oft ein Ablenkungsmanöver, das von den wirklich großen Problemen ablenken soll. Wir brauchen echte Reformen, keine halben Sachen.

Wenn die Laune schlecht ist, muss eine Lösung her

Stellen wir uns vor, unsere Politik will uns gerade etwas vorgaukeln. Sie will zeigen, dass sie etwas tut, dass sie handlungsbereit ist. Was wäre da besser als die Forderung nach weniger Bürokratie? Ein Vorschlag, der so allgemein ist, dass ihn niemand falsch finden kann. Das ist der sogenannte Barnum-Effekt: Die Menschen fühlen sich persönlich angesprochen und verstanden, obwohl die Aussage so vage ist, dass sie auf jeden zutrifft. Genau das macht „Bürokratieabbau“ so attraktiv. Er eignet sich perfekt, um von den eigentlichen Baustellen abzulenken. Und davon haben wir gerade genug.

Unsere Wirtschaft schwächelt, die Arbeitslosigkeit steigt und die öffentlichen Kassen sind leer. Und wie reagiert die Politik? Mit einem „Lass uns die Bürokratie abbauen!“. Das ist wie, wenn wir den Keller aufräumen, obwohl das Dach undichte ist. Es ist zwar schön, wenn der Keller ordentlich ist, aber es löst nicht das eigentliche Problem.

Ein schlankerer Staat – Aber wozu?

Ja, ein schlanker, effizienter Staat sollte unser Ziel sein. Schließlich sind uns einige europäische Nachbarn in dieser Hinsicht weit voraus – sei es bei digitalen Anträgen oder schnellen Genehmigungsverfahren. Aber dieses Ziel darf kein Selbstzweck sein. Der Staat ist dazu da, den Menschen zu dienen und ein gutes Leben zu ermöglichen. Ein schlanker Staat ist nur dann sinnvoll, wenn er seine Kernaufgaben besser erfüllen kann. Es geht um einen Staat, der Familien unterstützt, Unternehmen fördert und sich um die älteren Menschen kümmert, ohne sich in bürokratischen Hürden zu verlieren.

Warum das Wundermittel Bürokratieabbau nicht funktioniert

Dieser Bürokratieabbau ist kein neues Phänomen. Vor rund 20 Jahren gab es in Sachsen ähnliche Versuche. Damals hat man sogar einen sogenannten Paragrafenpranger eingeführt, um überflüssige Regeln zu identifizieren. Das Projekt wurde nach vier Jahren eingestellt – ohne messbare Erfolge.

Warum? Weil Bürokratie nicht einfach so verschwindet. Sie wächst nach. Und das aus gutem Grund. Wir wollen, dass unser Staat funktioniert. Wir wollen, dass Fördermittel nicht missbraucht werden und die Mächtigen nicht schalten und walten können, wie sie wollen. Dafür brauchen wir Regeln und Nachweise. Ohne Bürokratie gäbe es kein geordnetes Miteinander.

Was wirklich helfen würde

Bürokratieabbau ist nicht die Lösung, sondern Teil der Lösung. Wir brauchen Mut und Entschlossenheit für tiefgreifende Reformen, anstatt uns mit halben Sachen zufriedenzugeben. Es ist an der Zeit, die Kommissionen und Arbeitsgruppen abzuschaffen und endlich echte, schmerzhafte Entscheidungen zu treffen.

Wir brauchen dringend echte Reformen bei der Rente und den Finanzen. Gleichzeitig sollten wir die bestehenden Regelwerke auf den Prüfstand stellen. Nicht, um sie komplett abzuschaffen, sondern um sie zu optimieren. Es braucht dauerhafte Disziplin und einen „Eins rein, eins raus“-Ansatz. Für jede neue Regel muss eine alte abgeschafft werden.

Das ist anstrengend. Aber es ist der einzige Weg nach vorn. Wir brauchen Politikerinnen und Politiker, die den Mut haben, die Dinge anzupacken, die wirklich zählen. Es ist Zeit für eine Politik, die nicht nur verspricht, sondern handelt.

Ich bin gespannt, was ihr dazu sagt! Lasst uns in den Kommentaren diskutieren, wie wir unsere Stadt und unser Land wieder auf Kurs bringen können.

Klartext: Neue Schulden sind keine Rettung für Leipzig!

Es ist wieder so weit: Die Politik hat eine „Lösung“ für die klammen Kassen der Kommunen gefunden – und es ist die denkbar schlechteste! Statt die wahren Probleme anzupacken, erlaubt das Innenministerium unseren Städten einfach, sich noch tiefer zu verschulden. Das mag auf den ersten Blick wie ein Segen wirken, aber in Wirklichkeit ist es ein fauler Kompromiss, der uns alle am Ende teuer zu stehen kommt. Eine echte Lösung sieht anders aus!

Wir brauchen keine Notfall-Kredite, die die Schuldenspirale weiter antreiben. Was wir brauchen, sind mutige Reformen, die verhindern, dass unsere Kommunen ständig neue Aufgaben aufgedrückt bekommen, ohne dafür finanziell ausgestattet zu werden. Es ist absurd, dass wir in Leipzig gegen steigende Mieten und stagnierende Löhne kämpfen, während der Staat sich weigert, seine eigenen Finanzen in den Griff zu bekommen.

Der ehemaliger Oberbürgermeister Matthias Berger, bringt es auf den Punkt: Die Regierung versucht, die Pleite zu vertuschen und die Illusion zu nähren, es ginge allen gut. Er und der sächsische Rechnungshof warnen vor einem Wild-West-Zustand, bei dem die Regeln des Haushaltsrechts bewusst aufgeweicht werden.

Wir bräuchten eine ehrliche Bestandsaufnahme und das Eingeständnis, so wie der Staat zurzeit agiert, ist er eigentlich insolvent.

Matthias Berger

Das ist ein Zitat, das uns alle wachrütteln sollte. Es ist kein Geheimnis, dass die Infrastruktur bröckelt, die Mieten explodieren und die Entwicklung der Löhne nicht mit den Preisen mithalten können. Das sind die realen Probleme, die nicht durch neue Kredite verschwinden, sondern nur aufgeschoben werden.

Was bedeutet das für uns in Leipzig? Wir, die Arbeiter, Mieter und Familien, werden am Ende die Zeche zahlen. Ob durch steigende kommunale Gebühren oder durch den Verfall unserer Stadt, weil das Geld für Investitionen fehlt. Es ist höchste Zeit, dass wir laut werden und von unseren gewählten Vertretern nachhaltig tragfähige Lösungen fordern. Wir brauchen Transparenz und eine Regierung, die die Probleme beim Namen nennt – und nicht versucht, sie mit noch mehr Schulden zu überdecken.

Lasst uns gemeinsam für eine nachhaltige Finanzpolitik kämpfen, die unsere Stadt stark macht und nicht auf Sand gebaut ist. Das ist nicht nur eine politische Forderung, sondern eine Frage der Gerechtigkeit für uns und zukünftige Generationen! ✊

Leipzig ist Sanierungs-Champion – aber wer soll das bezahlen?

Leipzig ist Spitze bei Gebäudesanierung. Doch Mietnebenkosten steigen drastisch. Was nun? Erfahre mehr über das Dilemma und Lösungen!

Leipzig, wir haben es geschafft! Eine neue Studie zeigt: Bei der energetischen Sanierung unserer Wohnhäuser sind wir Spitzenreiter unter den deutschen Metropolen. Das ist eine super Nachricht für den Klimaschutz und die Zukunft unserer Stadt. Grüne und gelbe Energieausweise statt oranger und roter – das bedeutet weniger Energieverbrauch, weniger CO2-Ausstoß. Darauf können wir stolz sein! Aber seien wir mal ehrlich: Was bedeutet das für dich, der du jeden Monat deine Miete und Nebenkosten bezahlen musst?

Die Medaille hat zwei Seiten

Die Daten der Leipziger Datenbank GeoMap sind eindeutig: Nur 16 Prozent der Wohnungsangebote in unserer Stadt fallen in die schlechtesten Effizienzklassen E bis H. In Düsseldorf sind es 45 Prozent, in Hamburg 44 Prozent. Wow! Das ist ein Verdienst der Sanierungswellen nach der Wiedervereinigung.

Doch die schöne neue Welt der sanierten Häuser hat einen entscheidenden Haken. Sanierung ist teuer. Und wer zahlt am Ende die Rechnung? Richtig: Wir, die Mieterinnen und Mieter. Die Hoffnung, dass die Nebenkosten mit der Sanierung sinken, wurde bitter enttäuscht.

Die kalte Dusche: Nebenkosten und Mieten explodieren

Wohnen muss bezahlbar bleiben – das ist das Versprechen, das wir als Gesellschaft einlösen müssen. Doch die Realität sieht anders aus. Während die Sanierungen voranschreiten, explodieren die Nebenkosten. Marco Hoffmann, der Gründer von GeoMap, fasst es drastisch zusammen: Im Jahr 2022 stiegen die Nebenkosten in Leipzig um 22 Prozent. „Es war der höchste Anstieg von allen deutschen Metropolen“, so Hoffmann.

Und die Schockwellen gehen weiter. Der Leipziger Mieterverein berichtet von Abrechnungen für 2024, die für viele Haushalte eine echte Existenzbedrohung sind. Heizkosten steigen um 50 Prozent, Warmwasser um 25 Prozent. Das ist nicht nur eine Zahl auf dem Papier, das ist Existenzangst. Wie sollen junge Familien, Arbeiter und Geringverdiener diese Last stemmen?

Und als wäre das nicht genug, gibt es einen weiteren Schlag: Die Kaltmieten explodieren ebenfalls. Aktuelle Zahlen der Bundesregierung zeigen, dass die Mietkosten in Leipzig drastisch ansteigen. Im Gegensatz zu anderen Städten, wie dem moderateren Dresden, steigen die Leipziger Mieten so schnell, dass es für viele Menschen kaum noch möglich ist, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Der Wohnraum wird knapp und damit teuer. Das drückt vor allem Familien, Azubis und Geringverdiener, die den Großteil ihres Einkommens für das Wohnen ausgeben müssen.

Sparen ist das neue Sparen – aber hilft das wirklich?

Die Bürgerinnen und Bürger in Leipzig zeigen, dass sie Verantwortung übernehmen. Nicht nur beim Heizen, sondern auch beim Wasser. Aktuelle Bilanzen zeigen, dass die Leipzigerinnen und Leipziger 2024 besonders sparsam mit Wasser umgegangen sind. Das ist vorbildlich! Es zeigt, dass das Bewusstsein für Ressourcenverbrauch da ist. Doch die Leipziger Wasserwerke mussten ihre Preise anheben. Das ist das absurde Dilemma: Egal, wie sehr wir sparen, die Kosten steigen trotzdem.

Sanieren für die Menschen, nicht für die Statistik

Die Lösung liegt nicht darin, die Sanierung zu stoppen. Im Gegenteil! Wir brauchen energetisch sanierte Häuser. Aber wir brauchen auch eine Politik, die die Menschen schützt.

Mein Forderungen für ein bezahlbares Leipzig:

  • Wohnungspolitik mit sozialer Komponente: Wir müssen Maßnahmen ergreifen, die Mieter aktiv vor steigenden Kaltmieten und Betriebskosten schützen.
  • Transparenz und Gerechtigkeit: Die Nebenkostenabrechnungen müssen für jeden verständlich sein. Wir müssen den Leipziger Mieterverein stärken und sicherstellen, dass Vermieter nicht einfach alle Kosten unbegrenzt weitergeben können.
  • Klimaschutz und sozialer Ausgleich Hand in Hand: Wir müssen Sanierungsprogramme auflegen, die die Mietpreise stabil halten. Subventionen und Förderungen sollten direkt an Auflagen zur Mietpreisbindung geknüpft sein, um sicherzustellen, dass die Vorteile der Sanierung nicht allein den Eigentümern zugutekommen.
  • Mietpreisbremse konsequent umsetzen: Es braucht eine konsequente Überprüfung und Durchsetzung der Mietpreisbremse, um die Preistreiber auf dem Wohnungsmarkt zu stoppen. Wir müssen den Wohnungsmarkt nicht nur durch Sanierung, sondern auch durch Neubau entlasten, der bezahlbar bleibt.

Es ist Zeit, dass die Politik die Perspektive wechselt. Sanierung ist gut und wichtig, aber sie darf nicht dazu führen, dass wir die Menschen aus ihrer Stadt drängen. Lasst uns gemeinsam dafür sorgen, dass Leipzig nicht nur eine Vorreiterrolle beim Klimaschutz einnimmt, sondern auch beim sozialen Wohnen!

Was meint ihr? Welche Erfahrungen habt ihr gemacht? Lasst es uns in den Kommentaren wissen!

Ein Abgesang auf Jette Nietzard

Jette Nietzards angekündigter Rückzug als Co-Chefin der Grünen Jugend im Herbst 2025 markiert das Ende einer kurzen aber lauten Amtszeit. In einem Interview rechnet sie nochmal mir der Mutterpartei ab. Sie sei den „Kampagnen rechter Medienhäuser hinterher gelaufen“ Das wiederkehrende Muster, dass bereits drei ihrer vier Vorgänger mit dem Kurs der Mutterpartei fremdelten oder austraten, deutet auf ein tieferliegendes, strukturelles Problem im Verhältnis zwischen dem radikaleren Jugendflügel und der zunehmend pragmatischen Mutterpartei hin.

Jette Nietzard: Provokation als politisches Programm

Jette Nietzards Amtszeit war geprägt von bewusst provokanten Äußerungen, deswegen ist sie auch nicht das erste Mal Thema in meinem Blog.

Der letzte Auftritt, der von Stimmungsmachern am rechten Rand als Aufruf zur Waffengewalt verunglimpft wurde, war wohl der letzte Streich von Jette.

Wie sehr sind Zivilgesellschaft und Parteien darauf vorbereitet, dass 2029 eine gesichert rechtsextreme Partei über Deutschland regieren kann? Und was bedeutet das für die Gesellschaft? Ist der Widerstand dann intellektuell? Oder ist der dann vielleicht mit Waffen?
— Jette Nietzard

Der Grüne Richtungsstreit

Der Konflikt zwischen Realos und Fundis ist tief in der DNA der Grünen verankert. Die Grüne Jugend positioniert sich traditionell als kritischer, linker Gegenpol zur Mutterpartei. Der Konflikt ist eine fortwährende Identitätskrise. Die Grünen sind gespalten in zwei Lager, die sich manchmal wie zwei verschiedene Parteien unter einem Dach anfühlen. Ihre größten Wahlerfolge erzielten die Grünen mit einem moderateren, realo-orientierten Kurs. Dieser Kurs hat zwar die Partei gestärkt, aber eine Lücke auf der linken Seite hinterlassen. Und diese soll bleiben, wenn es nach dem Kandidaten für den Ministerpräsidenten in Baden-Württemberg Cem Özdemir geht, der vor einem Linksruck der Grünen warnt.

Polarisierung als Notwendigkeit in der Aufmerksamkeitsökonomie

Politische Debatten sind zunehmend von ebendieser Polarisierung geprägt, wobei sich gegensätzliche Positionen unversöhnlich gegenüberstehen.

Wenn es polarisiert, wenn es auf die Zwölf geht, ist das Gold für die Algorithmen und wird viel breiter ausgespielt
— Martin Fuchs

Soziale Medien und ihre Algorithmen belohnen und verstärken diese Gegensätzlichkeit und Emotionalität. Der Erfolg polarisierender Strategien zeigt sich bei beiden Rändern. Sowohl die AfD, deren populistische Inhalte von Algorithmen bevorzugt werden, so wie auch die Linke, die bewusst auf Konfrontation geht profitieren. Jette Nietzards explizite Absicht, „bewusst zu polarisieren“ , passt zu dieser algorithmischen Logik.

Der „Online-Disinhibition-Effekt“ verstärkt dies, indem Anonymität und reduzierte sozio-emotionale Hinweise zu extremeren Äußerungen führen. Für junge Menschen kann die Auseinandersetzung mit polarisierenden Inhalten als „Auflehnen gegen das System“ wahrgenommen werden. Polarisierung generiert Aufmerksamkeit, birgt aber das Risiko, breitere Jugendgruppen und Wähler der Mitte zu entfremden.

Junge Wähler und die sozialen Netzwerke

Junge Menschen in Deutschland sind skeptisch gegenüber politischen Versprechen und beziehen 52 Prozent ihrer politischen Informationen ausschließlich aus sozialen Medien. Das Internet und soziale Medien haben als Informationsquellen für junge Wähler stark an Bedeutung gewonnen. Die hohe Skepsis junger Wähler erzeugt einen „Authentizitätsimperativ“ für Politiker.

Besonnene, beruhigende oder erklärende Inhalte wie sie ein Robert Habeck als Vizekanzler produziert hat, sprechen eher die Gruppe Ü30 an, als junge Menschen. Rohe, ungefilterte und polarisierende Inhalte, wie sie Jette Nietzard verbreitete, resonieren hier tiefer als glatt polierte PR, selbst und besonders wenn sie kontrovers sind.

Fazit

Jette Nietzards Amtszeit war ein Brennglas für die Konflikte innerhalb der Grünen Partei. Ihr Rückzug beleuchtet die Spannungen zwischen dem bürgerlichen und dem linken Flügel. Ihre Provokationsstrategie war ein Versuch, die linke Stimme zu stärken und Aufmerksamkeit in der digitalen Aufmerksamkeitsökonomie zu gewinnen.

Die Spannungen werden durch den Abgang von Jette nicht verschwinden, sind sie auch nicht, als der letzte Vorstand der grünen Jugend die Partei verließ.

Mit der AfD auf Augenhöhe: Umfrageschock für Schwarz-Rot

Das politische Beben der Sonntagsfrage

Die Forsa-Umfrage vom 22. Juli 2025 zeigt eine bemerkenswerte Verschiebung in der deutschen Politik: Erstmals liegen AfD und CDU/CSU in der Sonntagsfrage gleichauf bei 25,0 Prozent. Dieses Ergebnis wirft Fragen nach der Stabilität etablierter Parteien, der Regierungsarbeit und der zunehmenden Polarisierung auf. Und das erst kurz, nachdem die Regierung ihre Arbeit aufgenommen hat.

Manche beschreien hier schon das „Ende der Volksparteien“. Das Robin Alexander sein aktuell in den Bestsellern vertretenes Buch „Letzte Chance“ nannte, passt sich rhetorisch an die aktuelle Lage an.

Wahlkampfstrategien im Rückblick

Der Bundestagswahlkampf 2025 war kurz. Durch die vorgezogene Neuwahl mussten auch die Kampagnen kurz und knackig sein.

Die CDU setzte auf ein simples Plakatdesign mit kurzen Kernbotschaften. Freiheit, Frieden, Wohlstand, Sicherheit. Weniger Steuern versprach sie, Bürokratieabbau und wirtschaftlichen Aufschwung.

Die SPD präsentierte Olaf Scholz staatstragend und nutzte QR-Codes für digitale Kampagnen. Mindestlohn, Superabschreibungen und eine Einkommensteuerreform waren die vorherrschenden Themen.

Social Media, insbesondere Instagram und TikTok, wurden immer wichtiger. Parteien nutzten einfachere Slogans. Die Intensität negativer Botschaften und verbaler Attacken nahm immens zu.

Die ersten Wochen der neuen Regierung: Realitätscheck

Nach der Bundestagswahl bildete sich eine Große Koalition aus CDU, CSU und SPD. Friedrich Merz wurde am 14. Mai 2025 zum Bundeskanzler gewählt, seine Wahl war jedoch von Turbulenzen und knapper Mehrheit geprägt. Der Koalitionsvertrag „Verantwortung für Deutschland“ ist mit 453 Versprechen sehr ambitioniert.  

Erste Maßnahmen umfassen den Haushaltsentwurf 2025 mit 503 Milliarden Euro Ausgaben und 90 Milliarden Euro Neuverschuldung, Rekordinvestitionen von 115 Milliarden Euro , ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für Infrastruktur und Klimaneutralität , Bürokratieabbau , Senkung der Stromsteuer , geordnete Migrationspolitik mit mehr Rückführungen , Reform des Bürgergelds und Rekordsummen für sozialen Wohnungsbau.  

Trotz dieser Pläne ist das Echo der Bevölkerung eher verhalten. Kaum Zeichen von Aufschwung, von Neubeginn und oder Euphorie. Selbst die Ankündigung von zahlreichen Unternehmen 631 Milliarden in den nächsten Jahren in Deutschland zu investieren, brachte niemanden hinter dem Ofen hervor.

Die geleakte Strategie der AfD

Ein mutmaßlich geleakter Plan der AfD sieht vor, die Gesellschaft durch gezielte Kulturkämpfe zu polarisieren. Die Linkspartei wird dabei als nützlicher Idiot betrachtet, um das linksradikale Spektrum aufzuspalten. Ziel ist es, die „Brandmauer“ zur Union zu Fall zu bringen und die AfD als einzigen Koalitionspartner der Union zu etablieren, um nationale Macht zu erlangen.

Und für das Ziel, die Kulturkämpfe zu polarisieren, gab die Regierung mehrere Anlässe. Schon das Desaster um die Wahl zum Kanzler benötigte die Stimmen der Linken, um einen zweiten Wahlgang am selben Tag zu ermöglichen. Nun gibt es die vergeigte Richterwahl für das Bundesverfassungsgericht. Bald steht auch die Diskussion um Kürzungen beim Bürgergeld an, ist das Konfliktpotential riesig.

Vertrauen in der Politik

Das Vertrauen der Bevölkerung in die Bundesregierung und Politiker ist zwischen 2022 und 2024 signifikant gesunken. Ursachen für den Vertrauensverlust sind auch politische Skandale wie der Cum-Ex-Skandal um Olaf Scholz oder der Maskendeal um Jens Spahn.
Auch hier birgt das unwürdige Theater um geschwärzte Gutachten und nicht stattfindende Aufarbeitung in einem Untersuchungsausschuss unnötige Zielfläche für die AfD.

Fazit

Die jüngste Sonntagsfrage ist ein Warnsignal.
Der Start der neuen Regierung ist missglückt.
Es stehen im nächsten Jahr vier Landtagswahlen statt, zwei davon im Osten.

Die Sommerpause sollte genutzt werden, um mit der ruhigen Arbeitskoalition auch in der Außenwirkung anzufangen.

Afuera – und alles wird gut?

Afuera ist spanisch und bedeutet: raus! Mit dem Sieg von Milei wurde es schlagartig zum internationalen Schlachtruf der libertären Minimalstaatler weltweit. Die wachsende Bewegung, die eine fundamentale Reduzierung staatlicher Interventionen fordert und übermäßige staatliche Macht ablehnt.

Gegen den Staat zu sein, dass klingt so revolutionär wie gegen das Establishment zu sein. Meinungsdiktatur, Wokeness, Übergriffigkeit, Regulierungsirrsinn – Schlagworte gibt es genug. Vor allem auch die Corona-Krise hat zum Erstarken der Bewegung auch in Europa.

Während früher Staatseigentum als angemessene Reaktion auf Marktversagen gesehen wurde, gilt heute die Privatisierung als angemessene Reaktion auf Staatsversagen.

Shirley und Walsh

Die Österreichische Schule – philosophische Wurzeln des begrenzten Staates

Carl Menger gilt mit seinem Werk Grundsätze der Volkswirtschaftslehre (1871) als Gründer der Österreichischen Schule. Er war maßgeblich an der „marginalistischen Revolution“ beteiligt und betonte die universelle Anwendbarkeit ökonomischer Analyse.  

Friedrich August von Hayek, ein weiterer prominenter Vertreter, prägte die moderne Wirtschaftstheorie der Ordnungspolitik. Seine Werke haben die Prinzipien des begrenzten Staates und der freien Märkte maßgeblich beeinflusst.  Hayeks bekanntestes Buch, Der Weg zur Knechtschaft (1944), argumentierte, dass wirtschaftliche und politische Freiheiten eng verbunden sind und liberale Demokratien erstere nicht einschränken können, ohne letztere zu gefährden. Seine späteren Arbeiten, wie  Die Verfassung der Freiheit (1960), entwarfen eine positive Vision einer freien Gesellschaft, in der Individuen weitgehend frei handeln sollten.  

Hayek sah in der Marktwirtschaft die einzige freie Wirtschaftsordnung, die es Menschen ermöglicht, eigene Ziele zu setzen und Wohlstand zu schaffen. Er betonte, dass  Wettbewerb ein „Entdeckungsverfahren“ ist, das individuelles Wissen zugänglich macht und zur Entdeckung neuen Wissens anregt, da Wissen in einer Gesellschaft dezentralisiert ist. Hayek betrachtete staatliche Macht mit Misstrauen, da der Staat ein Gewaltmonopol besitzt. Er argumentierte, dass die  Privatwirtschaft die wichtigste Garantie für Freiheit ist.

1974 gewann Hayek den Nobelpreis für seine Arbeiten zur Preistheorie, d. h., wie Preise Informationen übertragen und ökonomische Tätigkeiten steuern.

Die Österreichische Schule lehnt zudem den übermäßigen Einsatz von Mathematik und Statistik in der Ökonomie ab, da diese die Komplexität menschlichen Handelns nicht erfassen können.  Gerade dieses brachte der Bewegung den Ruf der heterodoxe Ökonomie, also der alternativen Ökonomie ein. Dem Feld also, dem auch die Modern Monetary Theory zugerechnet wird, die deren Anhänger große Überschneidungsmengen mit den Minimalstaatlern haben.

Javier Milei in Argentinien: Das libertäre Experiment

Javier Milei, seit Dezember 2023 der Präsident Argentiniens, ist ein das Symbolbild für das Erstarken radikaler libertärer Ideen. Seine Vision ist ein extrem begrenzter Staat, dessen Funktionen sich auf Justiz und Sicherheit konzentrieren. Das er überhaupt in die Position kam, hat sicher auch mit der seit Jahren andauernden Krise des Landes zu tun. Insgesamt acht Staatspleiten hat das Land hinter sich, ausgelöst vom Peronismus, der einen willfährigen Wohlfahrtsstaat, der über seine Verhältnisse lebt etablierte. Dass es so nicht weitergehen konnte war allen klar.

Nach seiner Amtseinführung begann Milei umgehend mit der Verkleinerung der Bürokratie und drastischen Ausgabenkürzungen. Innerhalb des ersten Monats halbierte er die Ministerien und kürzte die Ausgaben um 30 Prozent, was zum ersten monatlichen Haushaltsüberschuss seit über einem Jahrzehnt führte. Er entließ 37.000 Staatsbedienstete und setzte eine rasche Deregulierung in der Wirtschaft um, mit 672 Reformen im ersten Jahr. Die monatliche Inflation fiel von 25 Prozent Ende 2023 auf 2,4 Prozent im Februar.  

Diese „Schocktherapie“ führte zu sofortigen wirtschaftlichen Veränderungen, was darauf hindeutet, dass in tiefen Krisen ein radikaler Ansatz zur Staatsreduktion schneller zu fiskalischer Stabilität führen kann.  

Wie es den Menschen dabei geht, scheint dabei sekundär. Die Demonstrationen, die Milei seit Amtsbeginn begleiten ebbten nie wirklich ab und nahmen mit jeder neuen Maßnahme neu fahrt auf. Argentinien benutzt eine eigene, umstrittene Methode zur Berechnung der Armut. Nutzt man diese, geht Armut in Argentinien auf unter 40% zurück. Die ACU hingegen kommt auf 60% Armutsanteil, der höchste seit 2004. Egal welchen Zahlen man nun mehr Glauben schenken möchte, Argentinien geht es immer noch nicht gut. Dass ist aber auch seit geraumer Zeit so und lässt sich nicht von einem auf den anderen Tag ändern.

Was unbestritten bleibt, ist die Reduzierung der Staatsausgaben und die Bekämpfung der seit Jahren ausufernden Inflation.

Dieses lies Unternehmer und Politiker aus anderen Ländern aufhorchen. Mehr Milei wagen forderte Christian Lindner in der Talkshow von Maischberger. Die Empörung war groß und die FDP und Lindner musste teilweise zurückrudern. Uns so kam es zur Heckenscheren-Analogie.

Wir brauchen vielleicht keine Kettensäge, aber statt der Nagelfeile sollten wir zur Heckenschere greifen.

Christian Lindner

Man sollte sich übrigens nicht nur mehr Milei wagen, sondern auch Musk, sagt Lindner. Deswegen:

Elon Musks DOGE: Das Gegenbeispiel?

In Argentinien harte Reformen durchzuführen war einfach. Schließlich befindet sich das Land seit fast 30 Jahren in einer Art Dauerkrise. Diese Krise existiert in den USA so nicht. Dafür existiert das Problem der immer höher werdenden Staatsverschuldung. Diese begann unter Barack Obama fast sprunghaft zu steigen und überstieg erstmals die 100% Marke im Verhältnis zum Bundesinlandsprodukt, eine vor allem psychologisch wichtige Grenze. Aber es brauchte dann doch die erste Amtszeit von Donald Trump, um die Neuverschuldung an die Grenze zur Billion pro Jahr zu bringen. Die erste Amtszeit Trump endete in der ersten Hochphase von Corona, deren Auswirkungen auf die Wirtschaft und damit die Einnahmen und Ausgaben des Staates verheeren waren. Der Schuldenstand verdoppelte sich zwischen 2019 und 2024. Aktuell redet man von 120% Staatsverschuldung. Viel zu viel meinen vor allem auch die mächtigen Ratingagenturen.

Das Thema ist also da und wird diskutiert. Da entscheidet Elon Musk, der Multimilliardär und Tesla-Gründer Donald Trump im Wahlkampf um das Amt des Präsidenten zu unterstützen.

277 Millionen Euro packte Musk in PACs, veranstaltete Lotterien für registrierte Wähler und kam auch selbst bei Trump auf die Bühne. Mit einer Ankündigung. Musk wolle selbst Teil der Administration unter Trump werden und die Staatsausgaben deutlich reduzieren. Von 2 Billionen Dollar pro Jahr sprach er.

Dafür ersann er sich das „Department of Government Efficiency“, dass sicher nicht ohne Grund als Abkürzung den Namen einer Kryptowährung trägt. Diese Kryptowährung erreichte in den folgenden Wochen immer höhere Kurse, ein Schema, dass auch später mit dem TrumpCoin, dem MelaniaCoin und zahlreichen anderen Coins wiederholt wurde. Dass auch Milei 2025 mit dem $LIBRA ein Cryptogate verursachte, ist eine Parallele, die ich hier bewusst nicht auslassen möchte. Wie schon oben Beschrieben, Libertäre und Anhänger der Modern-Money-Theorie haben viele Schnittmengen.

Zurück zu den 2 Billionen Dollar. Dass Musk Ausgaben drastisch reduzieren kann, hat er schon bewiesen. 2022 hat er Twitter gekauft, die Hälfte der Mitarbeiter entlassen, zahlreiche gesperrte Nutzer entsperrt und Premium-Accounts eingeführt und den Namen in X geändert. Ob dieses aber die Unternehmensbilanz in den schwarzen Bereich hoben, man weiß es nicht. Denn mit dem Einstieg Musks verließen auch zahlreiche Nutzer und Werbekunden in mehreren Wellen. der X-it.

Dass er dies aber tatsächlich nun mit einem Land wiederholen könne, machte viele skeptisch. Vor allem weil die 2 Billionen Einsparungen jeglicher Basis entbehrten. Diese Zahl wird er später selbst zunächst auf 1 Billion und danach auf eine halbe Billion reduzieren.

Aber was geschah nun nach der Wahl? Zunächst suchte Musk Mitarbeiter für sein Department. Das Muster der Auswahl wurde schnell klar. Junge weiße Männer mit dem richtigen Mindset, die teilweise nur einen einzigen Eintrag in ihrem Lebenslauf aufzuweisen hatten: ein Praktikum bei einem Fortune- Unternehmen, dass wahrscheinlich ein zahlkräftiges Elternteil vermittelt hat.

Zunächst legte Musk die Bundesbehörde USAID still. Jene Bundesbehörde, die sich um internationale Hilfsprogramme kümmerte. 43 Milliarden Dollar waren das Budget der Behörde noch 2024. Doch nicht nur dort, auch in anderen Bereichen wurden massenhaft Regierungsangestellte entlassen. 250.000 sollen es am Ende gewesen sein. Das Problem dabei, viele davon wurden noch benötigt. Die ihn umgebende Boyband hatte ein Startup-Mindset und keinen Plan, wie so eine Behörde funktioniert. Denn in einer Behörde zahlt sich die in Startups verpönte Systemkonformität aus.

Statt also zunächst die Anzahl der Regularien zu reduzieren, alles zu simplifizieren und zu digitalisieren, den Staat an sich also schlanker zu machen, reduzierte sich der Ansatz rein auf die Mitarbeiterverträge. Viele mussten nach der Erkenntnis, dass sie ja doch gebraucht werden, wieder eingestellt werden. Dazu kommen die Gerichtskosten. Die Frage, ob Elon Musk überhaupt die Befugnisse hat, um diese Maßnahmen durchzuführen, begleitet DOGE schon seit Anfang an und wird von immer mehr Gerichten mit NEIN beantwortet.

Was also 160 Milliarden sparen sollte, ging mit Produktivitätseinbußen von 135 Milliarden einher. Plus die Widereinstellungen. Plus die Gerichtsprozesse. Das ganze kostete nun mehr, als es eigentlich hätte einsparen sollen.

Schaut man sich das  Penn Wharton Budget Model, so sind die Ausgaben gegenüber dem Vorjahr gestiegen.

Dazu kommen nun auch die Streitigkeiten zwischen Musk und Trump. Dieser eskalierte Anfang auf X, als Musk behauptete, der Name von Trump wäre in den Akten des Missbrauchskandals von Jeffrey Epstein zu finden. Anfang Juli verkündet Musk, eine eigene Partei gründen zu wollen.

Zeitgleich bringt Trump die Big Beautiful Bill durch den Kongress. Steuererleichterungen und Soziale Sparmaßnahmen wurden in einem Paket verabschiedet. Das ändert zwar überhaupt nichts an der Staatsverschuldung, aber es senkt die Steuern der Großverdiener, die, so wie Musk, fleißig für Trumps Wahlkampf gespendet haben.

Libertäre Bestrebungen in Deutschland vor der Wahl

Der deutsche Bundestagswahlkampf fand noch vor dem epischen Versagen Musks statt. Während wir oben schon Lindner und die FDP betrachteten, so gibt es noch mehr Personen, die sich mit der Idee der Kettensäge anfreunden können. Natürlich ist da die AfD zu nennen, welche Korrekturen an der Ausgabenseite durch Implosion der Einnahmenseite herbeiführen soll. Steuern sind Raub, so klingt dann die vulgärpopulistische Anklage der Partei.

Auch spannend ist in diesem Zusammenhang Markus Krall. Der zunächst bei der Gründung der WerteUnion von Maaßen untergekommene Unternehmensberater mit Verbindungen in die Reichsbürgerszene verließ die Partei aber schnell wieder. Mittlerweile ist er dem Bündnis Deutschland beigetreten. Sowohl WerteUnion (0,0%) als auch Bündnis Deutschland(0,2%) schaffen den Einzug in den Bundestag erwartungsgemäß nicht.

Er verurteilt Steuern als leistungsfeindlich oder Erziehungssteuern. 2021 skizzierte er eine Verfassung, in der es nur noch 4 Ministerien gibt und alle Sozialleistungen wegfallen. Genauso wie der Großteil der Regularien. Und das Wahlrecht soll in einer Weise reformiert werden, dass nur noch Nettozahler wahlberechtigt sind.

In die gleiche Kerbe, wenngleich in deutlich weniger radikaler Form stieß auch die CDU mit dem Kanzlerkandidaten Merz. Er will das Bürgergeld reformieren und für Totalverweigerer streichen. Im großen Stile wolle man Bürokratie abbauen. Und man wolle Einkommens- und Unternehmenssteuern senken.

Nach der Wahl

Nach der Wahl klang vieles schon wieder ganz anders. Vor allem das Thema Neuverschuldung beherrschte die ersten Wochen nach der Wahl. Während davor gesagt wurde, man müsse mit dem Geld auskommen, was zur Verfügung steht, ließ Merz zeitgleich ein Gutachten erstellen, ob es möglich wäre mit den alten Mehrheiten ein Sondervermögen zu beschließen. Um nach der Wahl eine politische 180°-Wende zu vollziehen und das 900 Milliarden Sondervermögen zu beschließen.

Das stieß innerparteilich und bei den Wählern einigen sauer auf. Wasser predigen und Wein trinken? Manche bezichtigten Merz auch der Lüge.

Und den Kampf um die Frustrierten nimmt neben AfD und Bündnis Deutschland unter anderem auch Frauke Petry mit einer weiteren Parteigründung mit dem Namen Team Freiheit auf.

Nun liegt es an Merz und der Schwarz-Roten Regierung, die restlichen Versprechen einzulösen, Menschen und Unternehmen zu entlasten, die Wirtschaft wieder anzukurbeln, die sozialen Systeme zu stabilisieren.

Fazit

Der Wunsch nach einem reduzierten Staat bleibt ein zentrales Thema in der politischen Debatte. Die Erfahrungen aus Argentinien, den USA und Deutschland verdeutlichen, dass eine Reduzierung des Staates sorgfältig geplant und umgesetzt werden muss.  Die Frage ist eben nicht nur, wie klein der Staat sein sollte, sondern auch, wie er seine Kernfunktionen effektiv und rechenschaftspflichtig erfüllen kann, unabhängig davon, ob dies durch öffentliche oder private Akteure geschieht. Eine fundierte Debatte über die Rolle des Staates erfordert eine Abkehr von ideologischen Dogmen hin zu einer pragmatischen, evidenzbasierten Bewertung der tatsächlichen Auswirkungen auf Bürger und Gesellschaft.

Streit, Macht und Untersuchungsausschüsse

In Zeiten globaler Unsicherheiten sehnen sich viele nach politischer Harmonie, nach Beständigkeit oder Veränderungsverlangsamung. Doch diese Sehnsucht ist nicht nur unrealistisch, sondern gefährdet die Demokratie. Schauen wir doch mal, warum Streit, Debatte und Opposition das Lebenselixier einer lebendigen Demokratie sind und warum Friedrich Merz‘ Versprechen einer „konfliktfreien“ Regierung eine Illusion ist und wie die Behinderung parlamentarischer Kontrolle, wie im Fall der Spahn-Maskendeals, das Vertrauen untergräbt.

Streit: Das Fundament demokratischer Vitalität

Eine robuste Demokratie lebt von der Auseinandersetzung unterschiedlicher Ideen. Demokratische Prozesse regulieren den Wettbewerb widerstreitender Gruppen und lösen Konflikte friedlich.  

Opposition ist entscheidend. Sie kritisieren und überwachen die Regierung und entwickeln politische Alternativen. Eine starke Opposition dient als Gewissen der Regierungsführung und Kontrolle gegen Machtmissbrauch.  

Zwanghafte Eliminierung von Dissens führt zur Einstimmigkeit des Friedhofs
Robert Jackson

Konflikt, konstruktiv gehandhabt, sichert die Qualität von Politik und Regierungsführung. Eine Regierung, die Streit minimiert, verzichtet auf diese Kontrolle, was zu weniger robusten Entscheidungen und mangelnder Transparenz führen kann.

Parteiflügel: Interne Debatten als Spiegel gesellschaftlicher Vielfalt

Auch Innerhalb politischer Parteien existieren oft verschiedene Strömungen oder Flügeln. Diese internen Differenzen sind ein Zeichen für die Vitalität einer Partei und ihre Fähigkeit, ein breites Spektrum gesellschaftlicher Ansichten abzubilden.

Ein Beispiel ist das „Friedens-Manifest“ in der SPD . Mehrere SPD-Politiker forderten eine Wiederannäherung an Russland und sprachen sich gegen militärische Aufrüstung aus. Dies steht im Kontrast zum Kurs der SPD-Parteiführung, die eine Stärkung der Bundeswehr befürwortet. Solche internen Debatten sind essenziell, da sie sicherstellen, dass unterschiedliche Perspektiven gehört und abgewogen werden, was die Politik im Endeffekt besser macht.  

Merz‘ Versprechen einer „konfliktfreien“ Regierung

Friedrich Merz konzentriert sich als Kanzler auf die Stärkung Europas, der Verteidigungsfähigkeit und der Wirtschaft. Doch seine Botschaft einer konfliktfreien Regierung widerspricht den Grundprinzipien einer pluralistischen Demokratie. Eine Überbetonung von Einheit kann auf Kosten des notwendigen Streits gehen.  Genauso sah dann auch die Besetzung seiner Regierungsmannschaft aus. Parteiinterne Kritiker hatten keine Chance.

Der Fall Spahn und die Maskenaffäre: Ein Prüfstein der Rechenschaftspflicht

Die Maskenaffäre um die Beschaffung von Schutzausrüstung während der Corona-Pandemie zeigt, wie parlamentarische Kontrolle auf die Probe gestellt wird und wie das Fehlen von Aufklärung das Vertrauen untergraben kann.

Dem damaligen Gesundheitsminister wird vorgeworfen, bei der Maskenbeschaffung Milliardenbeträge verschwendet zu haben. Es gibt Anschuldigungen, dass er das Unternehmen ohne Ausschreibung beauftragte, obwohl davor gewarnt wurde. Ein interner Untersuchungsbericht, der Spahn belasten soll, wird unter Verschluss gehalten. Spahn verteidigte sein Vorgehen , räumte aber ein, das „Open-House-Verfahren“ heute nicht mehr so durchzuführen.

Die Affäre hat das Vertrauen nicht nur in seine Person, sondern auch in die Politik massiv beschädigt. Spahn wird von Teilen der Öffentlichkeit als „wandelndes Bild des Vertrauensverlusts in die Politik“ wahrgenommen. Die Wahrnehmung, dass Politiker „keine Konsequenzen fürchten müssen“ , trägt zur politischen Apathie bei und ist dem steten Vertrauensverlust zuträglich.  

Untersuchungsausschüsse: Ein Minderheitenrecht

Untersuchungsausschüsse sind ein zentrales Instrument der parlamentarischen Kontrolle in Deutschland, ein Minderheitenrecht, das die Legislative befähigt, die Exekutive zu überprüfen. Sie bieten weitreichende Befugnisse, darunter Zugang zu geheimen Unterlagen und die Pflicht für Zeugen, vor dem Ausschuss zu erscheinen.  

Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses erfordert den Antrag eines Viertels der Bundestagsmitglieder.

Weder die AfD (151 Sitze) noch die Koalition aus Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen (149 Sitze) erreichen das notwendige Quorum eigenständig. Eine Kooperation zwischen AfD und anderen Oppositionsparteien ist unwahrscheinlich. Dies ermöglicht es der Regierungskoalition (CDU/CSU und SPD) , die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu blockieren, da regierende Parteien solche Untersuchungen typischerweise verhindern, um sich nicht „ins eigene Fleisch zu schneiden“. Dies ist ein ernstes Problem, das das Vertrauen in die Rechenschaftspflicht untergräbt.  

Exogene Schocks: Unvorhersehbare Herausforderungen für die Regierungsführung

Politik wird immer wieder mit „exogenen Schocks“ konfrontiert – unkontrollierbaren externen Ereignissen, die erhebliche Auswirkungen haben. Solche Schocks erfordern schnelle Reaktionen.  

Die COVID-19-Pandemieführte zu umfassender Haushaltspolitik, massiven Investitionen und erhöhter Staatsverschuldung.  Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine führte zu einer „Zeitenwende“. Kanzler Scholz kündigte einen Sonderfonds von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr an. Deutschland entkoppelte sich schnell von russischem Importen und wurde zum zweitgrößten Unterstützer der Ukraine.  Aktuell stellt der Konflikt zwischen Israel und Iran eine Herausforderung dar.

Diese Schocks zeigen, dass Regierungen ständig unter Druck stehen. Die Fähigkeit, in Krisen handlungsfähig zu bleiben und gleichzeitig demokratische Prinzipien zu wahren, ist entscheidend für das Vertrauen der Bürger.

Die wahre Stärke einer Demokratie liegt nicht in der Abwesenheit von Meinungsverschiedenheiten, sondern in der Fähigkeit, diese transparent und rechenschaftspflichtig zu handhaben. Es ist die Verantwortung aller demokratischen Akteure, den Wert des konstruktiven Streits zu erkennen und die Mechanismen der parlamentarischen Kontrolle zu stärken. Nur so kann das Vertrauen der Bürger wiederhergestellt und eine lebendige Demokratie gesichert werden.

Wenn der Tweet zum Stolperstein wird

Der Kampf der politischen Talente um Aufmerksamkeit

Du bist jung, ambitioniert und willst in die Politik? Dann vergiss die alten Parteizentralen! Dein Schlachtfeld ist heute das Smartphone, deine Waffe das Reel, dein Publikum unendlich groß. Gerade für Nachwuchspolitiker ist der Druck immens, sich in der ohrenbetäubenden Kakophonie der sozialen Medien Gehör zu verschaffen. Ein provokanter Post, ein vermeintlich witziges Video – das kann der Durchbruch sein oder das jähe Ende einer vielversprechenden Karriere. Wer heute etwas bewegen will, kommt um das Spiel mit der Aufmerksamkeitsökonomie in den sozialen Medien einfach nicht herum.

Ich habe im Bundestagswahlkampf Falk Fiebig in Nordsachsen unterstützt. Gleich mit einem seiner ersten Reels ging es ab. Es ging über die Böttcher AG und seine Beendigung des Geschäftsverhältnisses, weil dort jemand große Summen an die AfD spendete. Hochaktuelles Thema, persönliche Betroffenheit und authentischer Typ. Das waren unsere Grundzutaten und brachte viele Views, und fast 200 Kommentare. Nicht jeder davon ein Lob. Wer sich öffentlich gegen die AfD stellt, kommt um den Gegenwind nicht herum.

Denn dass muss man anerkennen, die AfD und ihre Follower dominieren dieses Spiel. Vor allem weil sie auf kontroverse und populistische Inhalte setzen. Das ist keine Panne, das ist System. Und in diesem System wird jeder, der nicht aufpasst, zum nächsten Opfer.  

Der „ACAB“-Eklat von Jette

Am 27. Mai 2025 schockte Jette Nietzard (mal wieder) mit einem Instagram-Selfie: Sie trug einen Pullover mit dem Kürzel „ACAB“ – „All Cops Are Bastards“. Ein klarer Affront gegen die Polizei, ein Statement aus dem linken Milieu. Nietzard verteidigte sich: Es sei Kritik an „strukturellen Problemen“ und „rassistischen Tendenzen“. Sie habe nicht alle Polizisten gemeint. Klar, wer glaubt das noch? Schon im November 2024 fragte sie auf TikTok provokant: „Was machen Bullen beruflich?“  

Die Reaktion? Ein Sturm der Empörung. Selbst Grüne-Spitzenpolitiker forderten ihren Rücktritt. Doch Nietzard blieb stur, keine Entschuldigung, kein Rücktritt. Ein Zeichen von Naivität oder doch nur kalkulierte Provokation?

Nietzard selbst sah die Reaktion der Parteiführung als schädlicher an als ihren Post. Rechtlich mag ACAB als allgemeine Kritik durchgehen , politisch war es ein Eigentor. Es zeigt: die „Authentizitätsfalle“ schnappt zu. Was für die Jugendbewegung ein rebellisches Statement ist, wird für die etablierte Partei zum PR-Desaster.  

Gaulands – „Deutschland den Deutschen“:

Der Slogan „Deutschland den Deutschen“ ist kein harmloser Spruch. Er ist ein direkter Gruß aus den dunkelsten Ecken der deutschen Geschichte, ein Schlachtruf von Neonazis und der NPD. Seine Verwendung kann strafrechtlich verfolgt werden.  

Der Slogan ist untrennbar mit der AfD verbunden. Im Juni 2017 flog Alexander Gauland, AfD-Spitzenkandidat, auf: Eine geleakte WhatsApp-Konversation enthüllte seine Nutzung rechtsextremer Phrasen, darunter „Deutschland den Deutschen“. Die Partei verpasste ihm eine „offizielle Warnung“ – natürlich mussten die das. Das ist keine Inkompetenz, das ist eine eiskalte Strategie. Die AfD spielt mit dem Feuer, indem sie die Grenzen des Sagbaren verschiebt. Sie bedient sich historisch belasteter Sprache, um Ressentiments zu schüren, die Wählerschaft anzuheizen und gleichzeitig eine plausible Leugnung aufrechtzuerhalten. Die „offizielle Warnung“ ist nur Theater, um den Anschein von Mäßigung zu wahren, während die radikale Botschaft ihre Wirkung entfaltet. Diese „Dog-Whistle“-Kommunikation untergräbt demokratische Normen und zwingt andere Parteien in eine Abwehrhaltung, die der AfD nur noch mehr Aufmerksamkeit verschafft.

Was die SPD vor diesem Hintergrund am 24.04.2024 geritten hat, diesen Post zu verschicken, werden sie nur selbst beantworten können. Die eigene Wählerschaft entsetzt, die AfD jubiliert, was doch an Sprache übernommen wird. Die perfekten Zutaten für einen veritablen Shitstorm, weswegen das ganze auch sehr schnell wieder gelöscht wurde.

Julia Klöckners Gratwanderung

Anfang Januar 2025 versuchte Julia Klöckner (CDU) das Unmögliche: AfD-Wähler zurückzugewinnen. Ihr Post: „Für das, was Ihr wollt, müsst Ihr nicht AfD wählen. Dafür gibt es eine demokratische Alternative: die CDU“. Die Botschaft war klar: Wir können das auch, nur demokratisch.  

Der Schuss ging nach hinten los. Heftige Kritik zwang Klöckner zur Löschung. Die neue Version betonte plötzlich, die CDU stehe „gegen die, die unsere Demokratie in Frage stellen“. Zu spät. Die Kommentare sprachen Bände: „einmal die wahren Gedanken ausgerutscht“ oder „CDU – die demokratisch verpackte AfD!“. Die SPD warnte vor einer Koalitionsbelastung , und selbst aus der Union kam der Vorwurf, man spiele „mit dem Feuer“ und „normalisiere“ die AfD.  Und die AfD? Nutzte das natürlich taktisch geschickt aus. Der Mythos, dass die Union die AfD nur kopiere war nicht nur geboren, sondern auch instant bestätigt. Eine volle Katastrophe.

Klöckner tadelt Nietzard

Nun hat Politik viel für Ironie übrig.

Klöckner wurde zu Präsidentin des Bundestags. Jette ist (stand heute) noch Vorsitzende der grünen Jugend. Und Klöckner empfiehlt den Grünen für Jette Nietzard den Entzug des Zugangsausweis  für den Bundestag. Weiter wird sie im Spiegel.

Insbesondere in meiner Verantwortung gegenüber den Kolleginnen und Kollegen der Polizei beim Deutschen Bundestag, die ihren Dienst für unser Land und den Schutz der Demokratie versehen, trete ich der politischen Botschaft des Aufdrucks und der bewussten Provokation, die mit dem Post unter Bezugnahme auf den Deutschen Bundestag beabsichtigt war, auf das Schärfste entgegen.

Julia Klöckner

Politik hat wahrlich viel für Ironie übrig.

Die Politik sucht den Umgang mit der AfD– Herzblatt-Edition!

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Demokratie-Singles da draußen die mich lesen! Herzlich willkommen zur politisch brisantesten, zur strategisch kniffligsten, ja, zur staatstragendsten Kuppelshow des Jahres! Die Spannung knistert, die Luft flimmert, denn nach dem jüngsten Paukenschlag aus Köln, verkündet vom Bundesamt für Verfassungsschutz , ist es nun amtlich: die AfD, unsere langjährige Bekannte vom rechten Rand, trägt jetzt das Gütesiegel „gesichert rechtsextremistisch“. Ein Wendepunkt, ein finaler Weckruf, ein schwarzer Freitag für die Demokratie – je nachdem, wen Sie fragen.  

Und nun steht das Who-is-who der Politik vor der Mutter aller Partnerwahlen: Welche Strategie wählt man, um mit diesem, sagen wir mal, herausfordernden Kandidaten umzugehen? Ignorieren? Konfrontieren? Kopieren?
Die Einsätze sind hoch, es geht nicht nur um eine Rose oder ein paar Wählerstimmen mehr oder weniger. Nein, es geht um die Stabilität der Republik, um die vielzitierte „wehrhafte Demokratie“. Denn diese Einstufung ist mehr als nur ein neues Etikett. Sie bedeutet potenziell: verstärkte Beobachtung durch den Verfassungsschutz, auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln wie V-Leuten. Man diskutiert offen über AfD-Mitglieder im Staatsdienst – dürfen die noch Beamte sein? Und sie lässt die Rufe nach einem AfD-Verbotsverfahren wieder lauter werden. Die AfD selbst? Gibt sich kämpferisch, spricht von politischer Motivation, kündigt Klagen an und ist doch spürbar hochnervös.  

Und als wäre das alles nicht schon kompliziert genug, schaut auch noch das Ausland ganz genau hin. Während die einen die Entscheidung als notwendigen Schritt zum Schutz der Verfassung loben, werfen andere, darunter hochrangige US-Politiker, Deutschland gar „verdeckte Tyrannei“ vor und sehen die Demokratie durch das Vorgehen gegen die Oppositionspartei gefährdet. Ein internationaler Druckkessel, der die Wahl der richtigen Strategie noch brisanter macht.  

Aber genug der Vorrede! Holen wir die hoffnungsvollen Kandidaten auf die Bühne! Und mit hoffnungsvoll meine ich hier nicht die Erfolgschancen, sondern lediglich den Umstand, dass ebenjene Kandidaten der Regierung angehören oder wie Carsten Linnemann halt nur dem Bundestag. Seine Entscheidung, die Merz sicher geschadet hat, aber das ist eine ganz andere Geschichte. Schauen wir und die Kandidaten an.

Die Merz-Methode

Hier kommt er, unser erster Kandidat! Ein Mann wie ein Fels in der Brandung – oder vielleicht einfach nur… ein alter Stein? Wir nennen ihn Friedrich M., frischgebackener Kanzler der Republik. Seine Taktik im Umgang mit der frisch als rechtsextremistisch eingestuften AfD? Zunächst einmal: Schweigen. Ein lautes Schweigen? Ein ratloses Schweigen? Oder einfach nur die Ruhe vor dem Sturm?  

Die Einstufung durch den Verfassungsschutz platzt mitten in die Zeit des Regierungswechsels, kurz bevor Friedrich M. das Kanzleramt übernehmen sollte. Die scheidende Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hat ihn, wie auch Noch-Kanzler Olaf Scholz und den designierten Nachfolger Dobrindt, zwar vorab über den Schritt informiert. Damit nahm sie ihm die Entscheidung über die Einstufung selbst zwar ab, aber die Verantwortung für den Umgang damit liegt nun bei ihm. International wird das Timing als heikel betrachtet. Wobei, am heikelsten wäre ein Termin vor der Wahl gewesen. Und heikel wäre auch ein Termin nach der Amtsübergabe gewesen, aber dazu später mehr.

Beobachter sehen Merz vor einer „höchst prekären politischen Gratwanderung“. Seine Partei, die Union, zeigt sich in der Frage eines möglichen AfD-Verbotsverfahrens eher zurückhaltend.

Was spricht für den schweigsamen Friedrich?

Einerseits hat die AfD angekündigt, dagegen zu klagen. Das macht sie zwar immer, hatte aber bisher in fünf von sechs dieser Klagen keinen Erfolg. Da kann es durchaus auch geboten sein, die Entscheidung abzuwarten und sich gleichzeitig mehr Zeit zur Festlegung der Strategie zu erkaufen. Erkauft mit dem Unverständnis derjenigen, die jetzt sofort reagieren würden, wie zum Beispiel sein Dauerrivale Daniel Günther, der lieber gestern als heute ein Verbotsverfahren starten würden.

Auch der scheidende Kanzler Scholz mahnte, nichts übers Knie zu brechen.
Schweigen kann Raum geben, die vielfältigen Reaktionen abzuwarten und zu analysieren.  

Wer nichts macht, kann auch keine Fehler machen. Der Stachel des Gegenwinds auf den provozierten und fehlgeschlagenen Schulterschluss mit der AfD bei der Migrationsabstimmung sitzt noch tief. Dann die 180 Gradwende beim Thema Schulden. Wann immer Merz irgendetwas tat, brachte es ihm Gegenwind ein. Das ist zwar Teil des Politikgeschäftes, aber in der Stärke schon arg. Merz wird schon vor Amtsantritt als viel schwächer eingeschätzt, als es Habeck je war. Und das will schon was heißen. Zudem kennt die Politikwissenschaft das „Ignorieren“ durchaus als mögliche, wenn auch riskante Strategie.  

Fassen wir zusammen, Merz hat jedes Fettnäpfchen mit Anlauf genommen, was rumstand. Und das Thema Umgang mit der AfD ist so aufgeladen, dass er egal wie, den falschen Ton treffen würden. Dann doch lieber den Mund halten.

Allerdings wird Friedrich in dieser Woche wohl zum Kanzler ernannt. Und an die Position sind die Erwartungen nach Haltung und Orientierung sehr hoch. Wenn der zukünftige Kanzler schweigt, überlässt er anderen das Feld. Die Gefahr: Das Narrativ der AfD (die politische Verfolgung) oder das Narrativ der Kritiker (die Verharmlosung durch die Regierung) verfängt sich, bevor er ihre eigene Position klar formuliert hat(First-Mover-Effekt).

Zu guter Letzt besteht die Gefahr, dass trotz aller offiziellen „Brandmauer“-Beteuerungen das Schweigen als Indiz gewertet werden könnte, dass man sich Türen offenhalten will. Das würde auch den Bedenkenträgern in die Karten spielen, dass das Amt für Jens Spahn, der Fraktionsvorsitz mehr als ein Freundschaftsbeweis ist. Unionsintern wird Spahn als so machtbesessen dargestellt, dass nicht ausgeschlossen ist, dass er sich mit den Stimmen der AfD zum Folgekanzler auf Merz küren lassen würde. Das enttäuscht diejenigen, die eine unmissverständliche Abgrenzung fordern.  

Man kann davon ausgehen, dass er weiß was er tut. Er muss einen Balanceakt vollführen: zwischen den Hardlinern in der Union, die klare Kante fordern, den Pragmatikern, die AfD-Wähler zurückgewinnen wollen , den juristischen Unwägbarkeiten und der kritischen Beobachtung aus dem Ausland.

Die Dobrindt-Devise: Wegregieren!

Ring frei für Kandidat Nummer Zwei! Hier kommt Alexander D., der designierte Innenminister aus Bayern, mit einer zupackenden Ansage: Die AfD? Die muss man nicht verbieten, die muss man „wegregieren“!. Das klingt doch nach Tatkraft, nach Ärmel hochkrempeln, nach Problemlösung! Aber Moment mal, was heißt das denn nun genau? Heißt das, die Sorgen der Bürger so gut zu adressieren, dass niemand mehr die AfD braucht? Oder heißt das vielleicht doch, bei den Themen der AfD kräftig zu wildern, um deren Wähler anzulocken?  

Alexander Dobrindt (CSU) positioniert sich klar gegen ein AfD-Verbotsverfahren. Seine Begründung: Das würde jahrelang dauern und wäre nur „Wasser auf die Mühlen der AfD“, die sich dann als Opfer inszenieren könnte. Stattdessen müsse man die Partei politisch stellen und durch gute Regierungsarbeit überflüssig machen. Gleichzeitig verfolgt die Union insbesondere in der Migrations- und Asylpolitik einen Kurs, der sich inhaltlich stark an Forderungen orientiert, wie sie auch die AfD erhebt: strikte Begrenzung, schnellere Abschiebungen, Grenzkontrollen, Sach- statt Geldleistungen, Aussetzung des Familiennachzugs. Und nach eigenem Bekunden, sollen diese Maßnahmen sehr schnell nach Regierungsübernahme umgesetzt werden.

Was spricht für den Weg von Dobrindt?

Ganz ehrlich: nichts!

Dobrindt geht der irrigen Annahme aus, es würde irgendwie reichen, den kleinen Finger zu reichen. Wird es nicht! Auch wenn die Idee gut klingt: zügige Umsetzungen zeugen von Umsetzungswillen und Entschlossenheit. Das klingt nach Aufbruch und Vision. Indes zeigen die letzten Wahlen(hab ich ja viel drüber geschrieben) das es eine einzige Partei gab, die es auch nur ansatzweise Stimmen der AfD streitig zu machen: das BSW. Nur hat ebenjenes die Bundestagwahl verloren und es gibt viele Querelen und Austritte. Mehr dazu hier:

Zurück zu Dobrindt.

Indem man die Themen der AfD aufgreift(a.k.a. kopiert, damit kokettiert die AfD ja auch mittlerweile sehr offen) und mit ähnlichen Maßnahmen reagiert, läuft man stets Gefahr, rechtspopulistische Positionen salonfähig zu machen. Die Grenze zwischen notwendiger Problembearbeitung und Anbiederung an rechte Stimmungen verschwimmt.  Die große Frage: warum die Kopie wählen, wenn es das Original gibt?  

Die Strategie konzentriert sich zudem auf Sachthemen und ignoriert komplett die tiefere, ideologische Dimension der AfD. Die Einstufung als „gesichert rechtsextremistisch“ basiert ja gerade auf den Verstößen gegen die Menschenwürde, einem völkischen Volksbegriff und Demokratiefeindlichkeit – Aspekte, die durch „gutes Regieren“ allein nicht verschwinden.  

Es ist ein Ritt auf der Rasierklinge: Man versucht, Wähler vom rechten Rand zurückzulocken, ohne die eigene Basis in der Mitte zu verlieren und ohne die extremistischen Narrative weiter zu normalisieren. Ob dieser Spagat gelingen kann, ist mehr als fraglich.  

Linnemann, Der Protest-Versteher

Carsten Linnemann, Generalsekretär der CDU, der Mann mit dem großen Herzen für… ja, für wen eigentlich? Sein Credo im Umgang mit der AfD und ihren Wählern: Schluss mit dem „Nazi-Bashing“ und dem „Brandmauergerede“!. Die meisten AfD-Wähler seien doch nur aus Protest dabei, frustriert, abgehängt. Ein Mann, der zuhören will, der Verständnis zeigt. Aber ist das Empathie oder gefährliche Naivität?  

Spoiler: Letztes!

Linnemann hat mehrmals öffentlich gefordert, die pauschale Verurteilung der AfD und ihrer Wähler zu beenden. Das Nazi-Bashing mache die Partei nur größer. Er differenziert zwar: Ja, es gebe Rassisten und Antisemiten in der AfD, aber die Wähler seien eben oft nur unzufriedene Protestwähler. Diese müsse man inhaltlich überzeugen, statt sie mit der „Nazi-Keule“ zu vertreiben.

Natürlich muss man Linnemann ein Stückweit recht geben. Die Nazi-Keule wird aktuell sehr gern und oft geschwungen. Indes, beim einem Teil des Klientels verfängt das gar nicht mehr. In einem Deutschlandtrend der ARD meinten zwei drittel der AfD Wähler, dass es ihnen egal wäre, dass die AfD als rechtsextrem gilt, so lange sie die richtigen Themen anspricht. Im Selbstverständnis der AfD Wähler gilt es ja schon als rechtsextrem, wenn man einen Benziner fährt oder Fleisch ist. Generell hat sich die Kommunikationsstrategie der AfD komplett auf 3 Bereiche konzentiert:

  • wir sind das Opfer
  • den staatlichen Institutionen kann man nicht vertrauen
  • Ausländer sind eine Gefahr

Eine Anbiederung kann da nicht erfolgreich sein. Eine Deeskalation, ein Verständnis, eine Konfliktscheue, alles Wischi-Waschi.

Und dieses Wischi-Waschi passiert auf dem Rücken von Betroffenen. Menschengruppen, die von der rassistischen, menschenverachtenden Rhetorik und Politik der AfD direkt betroffen sind, fühlen sich durch eine solche Verharmlosung vor den Kopf gestoßen. Sie erwarten klare Kante und Solidarität, kein Verständnis für die Wähler einer extremistischen Partei.  

Linnemanns Versuch, eine klare Trennlinie zwischen der (bösen) Partei und den (nur protestierenden, also irgendwie unschuldigen, *LOL*) Wählern zu ziehen, erscheint nach der Einstufung der gesamten Partei als rechtsextremistisch nicht mehr haltbar.

Linnemanns Strategie läuft Gefahr, diesen Wählern eine Art Absolution zu erteilen, sie aus der Verantwortung für ihre Wahlentscheidung zu entlassen.

Klingbeil -der Politische Ringer

Ein weiterer Bewerber betritt die Arena! Lars K., der designierte Vizekanzler und SPD-Chef , kommt mit einer klaren Ansage: Die AfD muss man politisch „kleinkriegen“! Klingt nach Kampfansage, nach direkter Konfrontation im politischen Ring. Aber was steckt genau dahinter? Ist das reiner Schlagabtausch oder eine durchdachte Strategie?  

Lars Klingbeil betont immer wieder die Notwendigkeit, die AfD politisch zu stellen und zu bekämpfen. Er zeigt sich skeptisch gegenüber einem Verbotsverfahren als alleinigem Mittel, da dies langwierig sein und der AfD in ihrer Opferrolle nutzen könnte. Stattdessen fordert er, dass die neue Regierungskoalition unter Kanzler Merz, der er selbst als Vizekanzler angehört, schnell handelt, das Gutachten des Verfassungsschutzes auswertet und Konsequenzen zieht. Der Kern seiner Strategie: Durch gute Regierungsarbeit, die den Menschen Sicherheit und Zuversicht gibt, durch einen besseren politischen Stil und durch die inhaltliche Auseinandersetzung mit der AfD, soll dieser der Nährboden entzogen und sie „kleingekriegt“ werden. Dabei will er AfD-Wähler zurückgewinnen, ohne sie pauschal zu diskreditieren , während er gleichzeitig die Partei selbst und ihre Führung klar als rechtsextrem benennt.  

Ich bekomme manchmal echt einen richtigen Hals, wenn ich noch mehr von dem Schwachsinn der „guten Politik“ höre. Aber hey, gibt es denn keine gute Politik? Doch die gibt es:

Gute Politik denkt nicht in Wahlergebnissen,

gute Politik denkt an Alle

und gute Politik denkt voraus.

Und dann haben wir einen Koalitionsvertrag, der das riesige Thema Rente weit weg von sich schiebt. Der notwendige Investitionen mit einem Sternchen versieht, Finanzierungsvorbehalt. Der halt rhetorisch Orientierung gibt, aber faktisch versagt. Und in einer globalen Weltwirtschaft passieren Dinge. Weltwirtschaftskrise, Corona, Putin, Trump. Die Resilienz Deutschlands ist nicht wirklich besser geworden.

Die Qual der Wahl: kein Happy End in Sicht?

So, lieber Leser und Leserinnen. Jetzt haben wir den Salat. 4 Methoden, alle belegt inneffektiv. Aber warum ist der Umgang mit der AfD eigentlich so schwer?

Weil die AfD eben nicht nur ein politischer Gegner wie jeder andere ist. Sie ist, wie nun bestätigt, eine gesichert rechtsextremistische Bestrebung. Sie agiert bewusst mit Provokation, Polarisierung und der Delegitimierung demokratischer Institutionen, um den Diskurs zu verschieben und eine eigene Parallelöffentlichkeit zu schaffen.Wir reden über Entfremdung von der Politik, über Anti-Establishment bis hin zu einer tatsächlichen Zustimmung zu autoritären, rassistischen und nationalistischen Positionen. Eine simple Strategie wird dieser Komplexität nicht gerecht. Die Einstufung als „gesichert rechtsextremistisch“ verschärft das Dilemma nun zusätzlich: Ein einfaches Ignorieren ist kaum noch zu rechtfertigen, eine Anbiederung wäre fatal, aber auch die reine Konfrontation birgt Risiken – sie kann den Opfermythos der AfD befeuern und zur weiteren Radikalisierung beitragen.  

Vielleicht liegt das Kernproblem aber noch tiefer. Alle vorgestellten Strategien sind primär reaktiv. Sie kreisen um die AfD, versuchen, sie zu managen, ihre Wähler zurückzugewinnen oder ihre Wirkung einzudämmen. Sie lassen sich die Agenda von der AfD diktieren. Solange die etablierten Parteien aber hauptsächlich auf die AfD reagieren, statt proaktiv eine eigene, positive und überzeugende Vision für alle Bürgerinnen und Bürger zu entwickeln und umzusetzen, geben sie der AfD indirekt Macht. Eine wirklich erfolgreiche Strategie müsste vielleicht darüber hinausgehen, die AfD nur zu bekämpfen. Sie müsste die Ursachen für ihren Erfolg – den Vertrauensverlust in die Politik, die soziale Spaltung, die Zukunftsängste – mit glaubwürdiger, transparenter gerechter und zukunftsorientierter Politik adressieren, ohne dabei die Narrative der Extremisten zu übernehmen. Die bisherigen Ansätze wirken dagegen oft wie reine Symptombekämpfung.  

Schlussakkord

Tja, liebe Demokratiefreunde, das war’s für heute von „Herzblatt für Strategen“. Eine klare Entscheidung? Ein Traumpaar in Sicht? Fehlanzeige! Es bleibt ein Ringen, ein Suchen, ein politisches Vabanquespiel. Für welche Taktik sich unsere Kandidaten und ihre Parteien am Ende entscheiden werden und ob daraus die große Liebe zur demokratischen Stabilität erwächst wird die Zukunft zeigen.

BSW im Osten: Von der Wunderkiste zum Umzugskarton

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hat sich in erstaunlich kurzer als relevante politische Kraft, vor allem in Ostdeutschland dargestellt. Lange Zeit kannte die Partei in den Umfragen nur eine Richtung: nach oben. Aus dem Stand gelang es, in drei ostdeutsche Landtage reinzukommen und auch die Europawahl kann man als Erfolg für die junge Partei verbuchen.

Doch mit dem denkbar knappen Nicht-Erreichen der Fünfprozenthürde bei der Bundestagswahl wurde der Hype-Train jäh gestoppt. Auch hat diese parteiinterne Konflikte, die lange unter dem Radar geblieben waren, zu Tage gefördert, was die Außenwirkung stark negativ prägt.

Interne Spannungen und Parteiaustritte: Zeichen der Instabilität?

Ein Blick auf die innere Verfassung des BSW zeigt, dass die Partei nicht nur für andere politische Akteure eine Herausforderung darstellt, sondern auch mit sich selbst ringt. Die Spannungen zwischen der Thüringer Landesvorsitzenden Katja Wolf, die eine pragmatischere Linie in Richtung Koalitionsfähigkeit vertritt, und Teilen der Bundespartei rund um Sahra Wagenknecht waren öffentlich sichtbar und werfen Fragen nach der Hierarchie und dem Kurs der Partei auf.  

Hinzu kommen Berichte über Parteiaustritte von Mitgliedern, die Unzufriedenheit mit der Entwicklung des BSW signalisieren. Besonders bemerkenswert sind hier Austritte wie der des Europaabgeordneten Friedrich Pürner. Solche Abgänge, begleitet von Kritik an der Migrationspolitik der Partei oder sogar von Vorwürfen einer „Kultur des Misstrauens“, schaden dem einst makellosen Bild der Partei als geeinte und verlässliche Kraft. Für potenzielle Koalitionspartner ist die innere Stabilität einer Partei ein gewichtiger Faktor. Häufen sich interne Konflikte und treten sogar gewählte Mandatsträger aus, macht das die Partei als Bündnispartner schwer kalkulierbar und eher zum Stolperstein. Dass die BSW-Abgeordneten im Europaparlament derzeit fraktionslos sind, unterstreicht zudem die Herausforderungen der Partei, sich auch international stabil zu vernetzen.

Sachsen: Komplexe Suche nach einer Mehrheit

Auch in Sachsen hat das starke Abschneiden des BSW die Suche nach einer stabilen Regierung erschwert. Das Wahlergebnis erlaubte eigentlich kein Weiterso bisherigen Koalitionspartner. Nach schwierigen Sondierungen und Verhandlungen zeigte sich, dass die Bedingungen des BSW für die anderen Partner nicht erfüllbar waren. Was nun auch zu einer Minderheitsregierung führte.
In diesem Kontext wurde deutlich: Das BSW ist kein leichter Partner, die Forderungen machen klar, dass die Unterschiede weit grösser sind als die Gemeinsamkeiten mit den anderen Parteien.

Brandenburg & Thüringen: Koalitionen mit BSW-Beteiligung

In Brandenburg und Thüringen hat das BSW den Schritt in die Regierungsverantwortung gewagt und ist Teil der jeweiligen Landesregierungen. Dies zeigt, dass eine Koalition mit dem BSW prinzipiell möglich ist und das Bündnis bereit ist, Regierungsverantwortung zu übernehmen. Es wäre ein großer Fehler außer Acht zu lassen, dass die starken Ergebnisse der AfD und die Schwäche der anderen Parteien(in BB flogen Grüne, FW/BVB und Linke aus dem Landtag, in Thüringen FDP und die Grünen) den Druck, erfolgreich bei den Koalitionsverhandlungen zu sein, immens erhöhten.

Das knappe Bundestagsergebnis: Ein nationales Handicap?

Das Ergebnis der letzten Bundestagswahl wirkt nach: Das BSW verfehlte den Einzug in den Bundestag als Fraktion nur denkbar knapp an der 5-Prozent-Hürde. Dieses knappe Scheitern auf nationaler Ebene mag zwar die Relevanz in den Ländern nicht aufheben, zeigt aber, dass das BSW bundesweit noch nicht so breit verankert ist.

Zum anderen ist das Ansehen der Königin angekratzt. Die starke von Wagenknecht beeinflusste Auswahl an Parteimitgliedern, das Einmischen in die Koalitionsverhandlungen bei den Landtagen und die mediale Fokussierung auf Wagenknecht als Gesicht der Partei. Auch die Möglichkeiten der Selbstdarstellung werden durch die geringere nationale mediale Präsenz weniger und die Mandatsträger werden nun nach Taten und nicht mehr den Versprechen gemessen.

Alles wird jetzt in Frage gestellt, wo die Partei und Sahra Wagenknecht im Speziellen ihr Mandat nicht verteidigen konnte.

Der Dämpfer aus Mecklenburg-Vorpommern

Jüngste Umfragen liefern weitere Nahrung für die Debatte um die Rolle des BSW. Eine aktuelle Umfrage in Mecklenburg-Vorpommern zeigte einen deutlichen Rückgang der Zustimmungswerte für das BSW um ganze zehn Prozentpunkte im Vergleich zu früheren Erhebungen. Bei gleichzeitigem Erstarken der Partei die Linke um ebenjene zehn Prozentpunkte.


Bei der Betrachtung der Rolle des BSW für die Zukunft, sollte man auch nie die wieder erstarkte Linke Partei vergessen, deren fulminante Rückkehr erst durch Friedrich Merz und seiner Suche nach Mehrheiten mit der AfD möglich wurde.

Genau jene Abstimmung brachte das BSW in die entscheidende politische Zwickmühle: Die selbst aufgeworfene Brandmauerdiskussion zwang das BSW gerade zu, beim Schulterschluss der Union mit der AfD nicht dagegen zu sein.

Nun heißt für viele linke Politik eben auch unbedingt Antifaschismus. Und weil das sonst keine Partei so echt und so laut wie die Linke und ihre Spitzenkandidatin Heidi Reichinek im Bundestag darbot, begann das politische Comeback zu neuen Spitzenwerten, die lange unerreichbar schienen.

Für das BSW bedeutet das wohl, dass der anfängliche Hype nicht zwangsläufig von Dauer ist. Gerade die Umfrage in Mecklenburg-Vorpommern bringt die Partei wieder an die psychologisch gefährliche 5% Hürde heran.

Fazit: Mehr Stolperstein als Brücke?

Zusammenfassend kann man sagen: Das BSW hat zweifellos Potenzial, die politischen Verhältnisse in Ostdeutschland ordentlich durcheinanderzuwirbeln. Ihre Fähigkeit, Protestwähler anzuziehen, macht sie zu einem Faktor, der bei Koalitionsüberlegungen nicht ignoriert werden kann. Doch die Beispiele aus Thüringen, die internen Querelen und Parteiaustritte und der Umfragedämpfer aus Mecklenburg-Vorpommern legen den Schluss nahe, dass das BSW derzeit eher ein politischer Klotz am Bein ist, denn verlässlicher Partner.