Strategie statt Schuldenfalle – Der Fokus auf das Mögliche

Unsere Stadt und unser Land stehen vor massiven Investitionsbedarfen bei Infrastruktur, Digitalisierung und Bildung, während gleichzeitig der Konsolidierungsdruck steigt. Die aktuelle politische Steuerung droht, in der Tyrannei des kurzen Horizonts stecken zu bleiben. Um den Wohlstand unserer Familien langfristig zu sichern, muss Leipzig das Ruder herumreißen.   

Der Weg führt über eine radikale Neupriorisierung: Politik muss aufhören, sich selbst zu verwalten und anstatt dessen die Kernaufgaben der Daseinsvorsorge besser erfüllen.

Strategische Wende: Langfristigkeit und Machbarkeit

Die größte Gefahr liegt nicht in leeren Kassen, sondern in der Kurzatmigkeit der Entscheidungsfindung.

Langfristigkeit statt Umfragetyrannei

Politische Entscheidungen dürfen nicht von der tagesaktuellen Stimmung in Wahlumfragen abhängig gemacht werden, denn diese sind oft ungenau oder dienen als Wahlkampfmunition. Wir haben Jahre Zeit, um die notwendigen Strukturreformen strategisch umzusetzen. Politik muss den Horizont über die nächste Wahlperiode hinaus verlängern und sich von der reaktiven taktischen Planung lösen, die nur kurzfristige Ziele verfolgt.   

Eine strategische Führung schafft eine Kultur, die Politiker belohnt, deren Entscheidungen zum Zeitpunkt der Umsetzung unpopulär waren, sich aber im Nachhinein als richtig und wertvoll für die Gemeinschaft erwiesen haben.   

Chancen statt Angstmache

Wir dürfen nicht den Fehler begehen, den Teufel an die Wand zu malen. Die Rhetorik der Krise, wie sie sich etwa in der Debatte um Inflation manifestierte, ist populistisch und destruktiv. Wir dürfen uns nicht zu der lähmenden Wahl drängen lassen, ob sich jetzt alles verschlechtert oder erst später.   

Stattdessen muss sich die Politik auf das konzentrieren, was möglich ist – auf Machbarkeit und positive Zukunftsvisionen. Eine konstruktive politische Kommunikation muss das „Warum“ der Reformen vermitteln, um Zuversicht zu schaffen und Wählern einen klaren Reason to Believe zu geben.   

Der operative Imperativ: Effizienz der Kernaufgaben

Die Fähigkeit der Stadt, Herausforderungen zu meistern, hängt davon ab, wie effizient sie ihre Grundfunktionen erfüllt. Wir müssen weg vom konsumtiven Erhalt des Status quo hin zum Investitionsstaat.

Fokus auf Kernaufgaben

Die primären öffentlichen Aufgaben der Daseinsvorsorge umfassen Sicherheit, Infrastruktur und insbesondere die Bildung. Die Umschichtung der Mittel hin zu diesen investiven Bereichen ist unerlässlich, da hohe Staatsausgaben allein keine hohen Standards garantieren, wenn die eingesetzten Mittel ineffizient sind.   

Verwaltungs-Turbo und Bürokratiebremse

Die bessere Erfüllung der Kernaufgaben setzen massive Reform voraus, die zwar schon oft angekündigt wurden, aber dann doch wie Wattebällchen verpufft sind.  Für die lokale Wirtschaft ist die Reduzierung von Berichts- und Dokumentationspflichten sowie die Beschleunigung von Antrags- und Genehmigungsverfahren von höchster Dringlichkeit. Dies senkt Transaktionskosten und fördert Investitionen. Die konsequente Verwaltungsdigitalisierung dient als zentraler Hebel, um Bürokratie von vornherein zu vermeiden.   

Die Bildungslücke in Sachsen

Die Mängel bei der wichtigsten Kernaufgabe, der Bildung, sind alarmierend und gefährden die Zukunftsfähigkeit Leipzigs.

Trotz guter Platzierungen in Schulrankings, zeigt der INSM-Bildungsmonitor 2025 gravierende Schwachstellen auf :   

  • Die Kita-Falle: Sachsen weist bundesweit den schlechtesten Wert bei den Betreuungsrelationen in Kitas auf (8,6 Kinder pro Betreuer vs. 5,3 im Bundesschnitt). Diese massive Unterinvestition in die frühkindliche Bildung ist die Basis späterer Probleme   
  • Die Digitalisierungs-Lücke: Mit Platz 10 im Bereich Digitalisierung weist Sachsen eine deutlich unterdurchschnittliche Zahl von neuen Ausbildungsverträgen und Hochschulabsolventen im IT-Bereich auf.   

Um die Fachkräftesicherung zu gewährleisten, sind differenzierte Unterstützungsangebote und eine Reform des Übergangssektors notwendig. Erfolgreiche Strategien wie der „Job-Turbo“ für Geflüchtete – die schnelle Integration in den Arbeitsmarkt statt jahrelanger theoretischer Vorbereitung  – sollten auf alle Jugendlichen mit fehlender Ausbildungsreife ausgeweitet werden.   

Wie könnte das aussehen?

Wir brauchen Verantwortungspolitik für morgen, nicht Klientelpolitik für gestern. Der Fokus muss auf der Effizienzsteigerung der Kernaufgaben liegen.

Glaubwürdigkeit schaffen: Erfolge in der Erfüllung der Kernaufgaben messbar machen, um das Vertrauen der Bürger in die Gestaltungsfähigkeit der Politik zurückzugewinnen.

Langfristigkeit verpflichten: Strategische Planung über Wahlzyklen hinweg verankern, um Stabilität und Berechenbarkeit zu gewährleisten.   

Angst-Rhetorik beenden: Fokussierung auf Machbarkeit und positive Visionen, um Reformen Akzeptanz zu verschaffen.   

Fiskalische Umschichtung: Mittel von konsumtiven Sozialausgaben in investive Bildungsausgaben umschichten.   

Effizienz als Leitprinzip: Konsequente Anwendung von Output-Steuerung, Kosten-Leistungs-Rechnung und Controlling zur Steigerung der Wirksamkeit öffentlicher Mittel.   

Bürokratie-Turbo zünden: Massive Beschleunigung von Antrags- und Genehmigungsverfahren und systematische Bürokratievermeidung.   

IT-Ausbildung pushen: Gezielte Förderung der MINT- und IT-Ausbildung auf allen Bildungsstufen, um die Digitalisierungslücke zu schließen.   

Integration beschleunigen: Anwendung des „Turbo-Prinzips“ (schnelle Arbeitsaufnahme und Qualifizierung im Job) auf alle Gruppen mit Ausbildungsbedarf.   

Wonach habt ihr zuerst im Koalitionsvertrag geschaut?

Auch wenn im Wahlkampf viel über das Thema Migration und Sicherheit gesprochen wurde, führte die Suche nach Themen im Koalitionsvertrag zu einem besonderen Thema: der Rente. In Zeiten des demografischen Wandels, ich nenne es ja gerne auch demografischen Unheil, wachsender Altersarmut und einer zunehmend belasteten jungen Generation ist die Frage nach der Zukunft der Altersvorsorge drängender denn je. Doch der neue Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD enttäuscht in diesem zentralen Punkt völlig.​

Warum die Rente so wichtig ist – und warum die Zukunft ungewiss bleibt

Die gesetzliche Rente ist das Rückgrat der sozialen Sicherheit in Deutschland. Doch mit einer alternden Bevölkerung, sinkenden Geburtenraten und einer wachsenden Zahl von Rentnern steht das System unter Druck. Zudem steigt durch medizinischen Fortschritt die Lebenserwartung und damit die Rentenbezugsdauer stetig. Alleine fast 10 Jahre in den letzten 30 Jahren .Laut dem Mercer CFA Institute Global Pension Index 2024 liegt Deutschland im internationalen Vergleich nur im Mittelfeld, insbesondere aufgrund mangelnder Nachhaltigkeit des Rentensystems. ​

„Die Rente bleibt stabil“ – aber wie?

Im Koalitionsvertrag wird das Rentenniveau bis 2031 bei 48 Prozent garantiert. Doch wie diese Stabilität finanziert werden soll, bleibt unklar. Ein Finanzierungsvorbehalt für alle Maßnahmen wird betont, was die Umsetzung generell fraglich macht. Statt konkreter Pläne werden Kommissionen gegründet – ein Zeichen fehlenden Mutes zur echten Veränderung. ​Man verschiebt die Probleme in die Zukunft und macht damit die ohnehin nötigen Veränderungen gravierender.

Die Rente ist sicher.
Norbert Blüm​

Frühstart-Rente

Die Einführung einer „Frühstart-Rente“ ab 2026, bei der für jedes Kind in Ausbildung zwischen 6 und 18 Jahren monatlich 10 Euro in ein kapitalgedecktes Vorsorgedepot fließen sollen, klingt gut. Doch angesichts der Herausforderungen des Rentensystems wirkt diese Maßnahme wie Symbolpolitik ohne echten Effekt. Das liegt vor allem an den gravierenden bewussten Rechenfehlern. Wenn die Kinder ihre 10 Euro pro Monat bekommen und dann die Renditeerwartungen eintreffen, kommt man auf einen Betrag von 36.000 €. Das klingt irgendwie schön und erstmal nach einer Menge Geld. Was komplett ignoriert wird ist dabei die Inflation oder auch Kaufkraftverlust. Zu Deutsch: man hat zwar den Betrag von 36.000€ in der Tasche, dieser ist aber etwa das Wert, was heute 5.000€ sind. Und was soll man mit diesen 5.000 € machen? Bei 18 Jahren Rentenbezug reden wir hier von 23 € mehr im Monat!

Aktivrente: Einseitige Entlastung ohne Systemwirkung

Die geplante „Aktivrente“, bei der Rentner bis zu 2.000 Euro steuerfrei hinzuverdienen können, soll Anreize für längeres Arbeiten schaffen. Das ist eine Maßnahme gegen den Fachkräftemangel. Schon jetzt ist es in der Wirtschaft von Nöten, dass man mit Arbeitgebern, deren Rentenzeit bevorsteht spricht. Ob die Arbeitskraft/Expertise dann in Altersteilzeit oder in geringfügiger Beschäftigung erhalten bleibt. Nur auch das ist nicht in unendlichem Maße möglich. Irgendwann hat es jeder in dem Alter auch verdient, seinen Lebensabend ohne Arbeit zu genießen.

Lösungsansätze: Dynamisches Renteneintrittsalter?

Die paneuropäische Partei Volt Deutschland schlägt ein dynamisches Renteneintrittsalter vor, das sich an der durchschnittlichen Lebenserwartung orientiert. Solche Ansätze können helfen, das Rentensystem nachhaltiger zu gestalten.​ Das Deutsche Institut für Altersvorsorge resümierte:

Für diesen Vorschlag plädieren schon seit Jahren renommierte Wissenschaftler. Auch das Deutsche Institut für Altersvorsorge tritt dafür ein.

Die Politik steht in der Verantwortung, nicht nur populäre Maßnahmen zu ergreifen, sondern auch notwendige Reformen anzugehen. Vor der Wahl hatte die Union den Mut dazu, solche Forderungen aufzustellen. Ein Linnemann zum Beispiel schlug vor, den Renteneintritt an die Lebenserwartung zu koppeln.

Die aktuelle Koalition scheint jedoch den Mut zu echten Veränderungen zu scheuen.​

Es kann nicht die Aufgabe eines Politikers sein, die öffentliche Meinung abzuklopfen und dann das Populäre zu tun. Aufgabe der Politiker ist es, das Richtige zu tun und es populär zu machen.

Walter Scheel, ehemaliger Bundespräsident

Lösungsansatz: Eine Rente für alle

Auch die Idee, eine Rentenkasse für alle einzuführen findet sich bei Volt Deutschland, eine Idee, die mittlerweile auch gesellschaftliche Mehrheiten findet. Insbesondere, da die Höhe der Pensionen für Beamte immer wieder für Diskussionsstoff und Gerechtigkeitsdebatten sorgt.

Fazit: Eine verpasste Chance – besonders für die Jugend

Der Koalitionsvertrag bleibt beim Thema Rente vage, unkonkret und weit hinter den Erwartungen zurück. Für die junge Generation bedeutet dies Unsicherheit und die Aussicht auf ein instabiles Rentensystem. Laut MDR Fragt glauben nur noch 8% der jungen Menschen an das Blüm’sche Versprechen. Gleichzeitig werden diese die Kosten für die verfehlte Politik tragen müssen, Steigerungen in den Rentenbeiträgen werden nicht ausbleiben.

Ich war ja selbst im Wahlkampf sehr viel unterwegs und es ist unglaublich, wie viele junge Menschen das Thema Rente sehr weit vorne in den Prioritäten sehen. Und diese Wählergruppe verliert die Union und auch die SPD in ihrem Verwaltungsmodus immer weiter aus den Augen. Statt echter Reformen gibt es nur Versprechungen ohne Substanz.​ Ungeachtet des demografischen Unheils. Mit Volldampf gegen die Wand. Deutschland 2025.

Es ist besser, eine Kerze anzuzünden, als über die Dunkelheit zu klagen.
Konfuzius​